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§ 18. Der Gouverneur kann für das Bergwesen besondere wasserrechtliche Bestimmungen treffen
und die zur Ausführung der Verordnung erforderlichen Vorschriften namentlich auch über Anlegung und Führung
von Wasserbüchern erlassen. ·
.. §19.SotvcitdieVorschriften,zuderenErlaßderGouverneurmthkunddieserVerordmmgbefugt
Ut-nureinenVerwaltungsbezirkoderTcileeinessolchcnbetrcffen,könnensiemitZuftinnnungdesGouvemeurs
auch von dem Leiter des betreffenden Verwaltungsbezirks erlassen werden.
8 20. Die Verordnung tritt am. . . . . . in Kraft.
begründung des Entwurfes einer Wasserrechts-Verordnung für Deutsch-Ostafrika.
1.
Das Bedürfnis für eine Regelung des Wasserrechts in Deutsch-Ostafrika ist seit einer Reihe von
Jahren stark hervorgetreten. Besonders im Bezirk Moschi machte sich bei den vielen Streitigkeiten zwischen
den Europäern untereinander und diesen mit den Eingeborenen über Art und Umfang der Wassernutzung des
einzelnen das Fehlen wasserrechtlicher Bestimmungen empfindlich bemerkbar. Aber auch in anderen Bezirken
lind Schwierigkeiten entstanden, die eine Regelung der Wasserrechtsverhältnisse im Interesse des Wirtschafts-
lebens notwendig erscheinen lassen.
4 Das heimische Wasserrecht findet im Schutzgebiet keine Anwendung. Ein großer Teil jener Vor-
schriften gehört dem öffentlichen Recht an, für dessen Anwendbarkeit in den Kolonien die rechtliche Grundlage
fehlt. Die zivilrechtlichen Bestimmungen des preußischen Wasserrechts setzen Einrichtungen und Verhältnisse
voraus, die im Schutzgebiet nicht vorhanden sind. Denn dort mußte vielfach für den Abfluß und die Ein-
dämmung des überreichlich vorhandenen Wassers Sorge getragen werden; dort sind technische und wirtschaft-
liche Gesichtspunkte für die neuere Gesetzgebung maßgebend gewesen, die einen hohen Grad der volks= und
wasserwirtschaftlichen Entwicklung voraussetzen; mit gleichen Verhältnissen kann in Deutsch-Ostafrika nicht ge-
rechnet werden. Hinzu kommt, daß sich die privatrechtlichen Vorschriften des preußischen Wassergesetzes über-
wiegend auf eine ganz bestimmte Anzahl von Flüssen beziehen, dic in besonderen Verzeichnissen registriert sind.
Einc höchstrichterliche Entscheidung, durch die ebenfalls die Unanwendbarkeit heimischer Wasserrechts-
bestimmungen auf die Verhältnisse jenes Schutzgebiets ausgesprochen wurde, ist in Deutsch-Südwestafrika
ergangen.
In großen Teilen Deutsch-Ostafrikas liegen die Verhältnisse ähnlich wie in Deutsch-Südwestafrika.
Bei dieser Sachlage ging das Gouvernement von Deutsch-Ostafrika in Wasserstreitfragen von dem
Grundsatz aus, daß alle natürlichen, fließenden Gewässer als Gemeingut zu gelten haben, deren sachgemäße
Benutzung die Verwaltung überwachen und bei Streitigkeiten unter den Interessenten regeln müsse. In Er-
mangelung genereller Vorschriften sind denn auch in einzelnen Fällen Polizeiverfügungen erlassen, durch die
Art und lmfang des Wassergebrauchs unter den streitenden Teilen festgesetzt wurde.
Auf die Dauer konnte indessen dieser Zustand im Interesse der Wirtschaftsemwicklung des Schutz-
gebiets nicht bestehen bleiben. Infolgedessen wurde der Gedanke einer Wasserrechts-Verordnung für alle Schut-
sebiete seit Jahren erwogen. Mit Rücksicht auf die große Verschiedenheit der Verhältmisse in den einzelnen
Schutzgebieten erwies sich aber eine einheitliche Regelung gegenwärtig als undurchführbar. Der alsbaldige
Erlaß einer Wasserrechts-Verordnung erscheint daher für Deutsch-Ostafrika unaufschiebbar. Gemäß § 20 Absat II
des Konsulargerichtsbarkeitsgesezes in Verbindung mit § 3 des Schungebietsgesetzes kann die Regelung dieser
Materie durch Kaiserliche Verordnung erfolgen. Für eine solche soll der vorliegende Eutwurf in Vorschlag
Vebracht werden.
II.
Die in den letzten Jahren in verschiedenen Stanten zum Abschluß gelangte Waisergesetzgebung
(Badisches Wassergesetz vom 26. Juni 1899, Württembergisches Wassergesetz vom 1. Dezember 1900, Bayerisches
Wassergesetz vom 23. März 1907, Sächsisches Wassergesetz vom 12. März 1909, Bewässerungs= und Wasser-
erhaltungsgesetz der Südafrikanischen Union vom Jahre 1912 und das Preußische Wassergesetz vom 7. April 1913)
ot ein reiches Material für die Vorarbeiten. Wichtig für diese waren vor allem das Preußische und das Süd-
afrikanische Wassergesetz. In ersterem ist in 101 Paragraphen eine bis ins kleinste gehende, alle Besonder-
eiten der einzelnen Provinzen berücksichtigende Regelung der großen Materie erfolgt. Ebenso stellt das
Südafrikanische Wassergesetz eine umfassende Gesetzgebungsarbeit dar, die für die wichtigsten Teile der Union
eine jahrgehntelange wasserrechtliche Entwicklung zum Abschluß bringt. An beide Gesetze lehnt sich der vor
urzem veröffentlichte Entwurf einer Wasserrechts-Verordnung für Deutsch-Südwestafrika an. Auch er versucht
eime umfassende, erschöpfende Regelung der wichtigsten Wasserrechtsfragen.
Die Verhältnisse Deutsch-Ostafrikas ähneln nur teilweise denen von Südwestafrika. Eine Besonderheit
der ostafrikanischen Wasserrechtsfragen liegt in der erheblichen Verschiedenheit der eingelnen Wirtschaftsgebicte.
Neben den großen Steppenlandschaften gibt es die Bezirke großer Flüsse und die dichtbesiedelten Gebirgsfluß=
gebiete. Gerade in den mit Südwestafrika vergleichbaren Gegenden sind die Wasserrechtsfragen noch nicht so
dringend geworden als in anderen Bezirken. Auf diese war aber eine unmittelbare Ubertragung vieler Vor-
shriften des Südwestafrikanischen Wasserrechtsentwurfes nicht angängig. Das Erfordernis der weitgehenden
Rücksichtnahme auf die Verschiedenheit der einzelnen Wirtschaftsgebiete verbot eine bis ins einzelne gehende
Wassergesetzgebung für das ganze Schutzgebiet. Hinzu kommt, daß es noch ganz an gesetzgeberischen Vor-
arbeiren auf dem Gebiete des ostafrikanischen Wasserrechts fehlt und für viele die einzelnen Teile der Kolonie
angehenden Sonderfragen noch keine Erfahrungen vorliegen. Es erschien daher notwendig, zunächst die Voraus-
letzungen für die Entwicklung einer den Verhältnissen der einzelnen Wirtschaftsgebiete gerecht werdenden Praxis
uschaffen und die rechtlichen Unterlagen zu geben, um die aus der Praris sväter herauswachsenden allgemeinen
Grundsätze durch Verordnungen der Schutzgebietsbehörden zu kodifizieren. Auch für diesen Zweck war die Auf-
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