Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXV. Jahrgang, 1914. (25)

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stellung einiger weniger Leitsätze nicht zu vermeiden; diese mußten jedoch so allgemein gehalten sein, daß sie 
eine künftige Anpassung der Rechtsentwicklung an die besonderen Wirtschaftsverhältnisse nicht erschwerten. In- 
folgedessen sieht der Entwurf die Behörden vor, die in Zukunft Wasserrechtsfragen entscheiden sollen, legt deren 
Zuständigkeit fest und ermächtigt den Gouverneur zum Erlaß der künftig notwendig werdenden Vorschriften. 
Außerdem mußte der Entwurf aber die Leitsätze aufstellen, ohne die ein ersprießliches Arbeiten der Wasser- 
behörden nicht möglich sein würde. Solche allgemeinen Grundsätze erschienen geboten für die Frage nach dem 
Eigentum und dem Benützungsrecht der Interessenten an den verschiedenen Gewässern; weniger dringend oder 
wegen der Verschiedenheit der Verhältnisse in den einzelnen Teilen des Schutzgebiets, weniger für eine generelle 
Regelung im gegenwärtigen Stadium der Rechtsentwicklung geeignet sind die Fragen nach dem Verfahren, nach 
den Pflichten der Bewohner zur Mitwirkung an Wasserbauarbeiten, nach Verbänden für solche Aufgaben und 
nach Gebühren und Kosten für die Benutzung der Gewässer oder ihrer Anlagen. 
Was zunächst die Eigentumsverhältnisse der R Lasserläufe aubelangt. so waren früher in Deutsch- 
land Schissbarkeit und Nichtschiffbarkeit, in tropischen bzw. subtropischen Ländern die Eigenschaft der dauernden 
oder zeitweisen Wasserführung (verennierende oder intermittierende) dafür entschcidend, ob der Fluß als öffent- 
licher oder privater anzusehen sei. Die neuere Gesetzgebung läßt diese Merkmale zum Teil fallen 
In dem südafrikanischen Wasserrecht werden alle in cinem bekannten und bestimmbaren Vett fließenden 
natürlichen Wasserläufe, deren Wasser von den Uferanliegern zu Bewässerungszwecken gemeinsam verwendet 
werden können, zu öffentlichen Flüssen erklärt: dem Privateigentum bleiben dort also nur die auf dem Grund- 
stück eines Eigentümers befindlichen Wasserläufe überlassen. Es schien zweifelhaft, ob diese Art der Regelung. 
durch die das Privateigentum an Wasserläufen erheblich eingeengt wird, den Wirtschaftsverhältnissen Ostafrikas 
am besten gerecht werden würde. Allerdings sprechen sich fast sämtliche Lokalverwaltungen dafür aus, daß 
grundsäglich alles fließende Wasser und auch wichtige Wasserstellen namentlich in wasserarmen Gegenden als 
fiskalisches Eigentum begeichnet werden sollten. Gerade für besonders dicht besiedelte Landschaften der Kolonic 
hätte aber eine solche enge Begrenzung des Privateigentums hemmend auf den wasserwirtschaftlichen Ausbau 
der natürlichen Wasserläufe wirken können. Infolgedessen erschien es praktisch, das System des Preußischen 
Wassergesetzes, das dem Privateigentum weiteren Spielraum läßt, zum Vorbild zu nehmen. 
Nach dem Preußischen Wassergesetz gibt es Wasserläufe erster, zweiter und dritter Ordnung. Die 
Wasserläufe erster Ordnung führt das Gesetz in einer Anlage erschöpfend auf, die Zusammenstellung der Wasser- 
läufe zweiter Ordnung in einem besonderen Verzeichnis ist dem Oberpräsidenten jeder Provinz überlassen. Nur 
die Vasserläufe erster Ordnung sind öffentliche Flüss 
Dem gleichen System hat sich der Eutwerf einer Wasserverordnung für Deutsch-Südwestafrika an- 
geschlossen, der in einem Verzeichnis 31 Flüsse als öffentliche und im Eigentum des Fiskus stehende Wasserläufe 
zusammenstellt. 
Diesem Grundsatz entsprechend, will auch der vorliegende Entwurf die Mehrzahl aller Wasserläufe 
den Anliegern zu Eigentum überlassen und das staatliche Eigentum auf diejenigen Wasserläufe beschränken, die 
infolge ihrer Größe oder ihrer besonderen Geeignetheit zu wichtigen gemeinwirtschaftlichen Unternehmungen 
oder aus Gründen besonderer Art eine erhebliche Bedeutung für die Allgemeinheit haben können. 
Demgemäß sind in § 1 zunächst als Wasserläufe im Sinne dieser Verordnung alle in einem natür- 
lichen Wasserbett dauernd oder zeitweise fließenden Gewässer einschließlich ihrer oberirdischen Quellen und der 
Seen bezeichnet worden. Nicht einbegriffen in die Wasserläufe des Entwurfes sind also Grundwasser und außer= 
halb eines natürlichen Bettes fließende oder stehende Gewässer. Alle Wasserläufs sind entweder öffenrliche 
oder privat 
  
2 werden als öffentliche Wasserläufe alle in einem der Verordnung beigelegten Verzeichnis aufK 
geführten Waseerläufe Vekenngeichnet und das Eigentum an diesen dem Fiskus zugewiesen. Zunächst konnte nur 
auf Grund des Kartenmaterials ein vorläufiges Verzeichnis aufgestellt werden, zu dessen Inhalt sich noch die 
Lokalbehörden äußern sollen. In dem Verzeichnis sind unter Abschnitt a) die geeignet erscheinenden Flüsse, 
unter Abschnitt b) die größeren Seen aufgenommen worden. Ein Abschnitt e) ist für etwaige wichtige Wasier- 
stellen, Quellen und dergleichen vorbehalten, die zuter Umständen gemäß § 4 zu fiskalischem Eigentum erklärt 
werden. Dieses Verzeichuis bedarf im Laufe der Jahre nach Erforschung der noch weniger wirtschaftlich 
erschlossenen Gebiete der Ergänzung oder Abänderung. Ein solches Abänderungsrecht ist in Absatz II des § 
dem Gouverneur vorbehalt 
nicht in dem- angegebenen Verzeichnis aufgeführten Wasserläufe sind private Wasserläufe und 
sollen, wie § 3 bestimmt, im Eigentum der Aulieger stehen. Bei verschiedenen Anliegern auf beiden Flußufern 
wird als Eigentumsgrenze die Mitte des mittleren Wasserstandes maßgebend sein. 
In wasserarmen Gegenden, namentlich in Steppengebieten, hat die Allgemeinheit oft ein Interesse, 
daß wichtige Wasserstellen, Wasserlöcher oder Quellen nicht in Privatbesitz gelangen, sondern den Bedürfnissen 
des Verkehrs oder den Bewohnern größerer Gebiete zur Verfügung bleiben. Das gleiche kann bei wasser- 
reichen Grundstücken, die sich zur Wasserversorgung weiter Kreise eignen, der Fall sein. Derartige Gewässer 
sollen vom Gouverneur ebenfalls zum fiskalischen Eigentum erklärt werden können. Sie würden unter Ab- 
schnitt c) in das Verzeichnis der öffentlichen Wasserläufe aufgenommen oder zu einem besonderen Berzeichnis 
zusammengefaßt werden. Diesem Bedürfnis soll die Bestimmung des § 4 gerecht werden, der zum Schutze 
etwaiger Privatrechte die Kaiserliche Verordnung über die Enteignung von Grundeigentum in den Schutzgebieten 
vom 14. Februar 1903 siungemäße Anwendung finden läß 
Gencue Abgrenzung der öffentlichen anb soll der Praxis überlassen bleiben. Die Grund= 
lagen hierfür sha afft § 5. In Betracht kommen die Wasserämter, denen unter anderen Aufgaben zweckmäßig 
auch die Bestlegmn von Flußgrenzen zugewiesen werden wird. 
IV. 
Bei der Benutgung der Wasserläufe unterscheidet der Entwurf entsprechend den neuen Gesetz- 
gebungswerken Gemeingebrauch, Benutzung der Anlieger an öffentlichen Wasserläufen und Benutzung der 
Eigentümer.
	        
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