Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXV. Jahrgang, 1914. (25)

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nach einer mündlichen Mitrteilung, die mir im 
Theilerschen Institut gemacht wurde, auch durch 
ernente Nachforschungen bestätigt. Derartige Bei- 
spiele ließen sich auch für viele andere Länder 
Afrikas anführen. 
Bruce steht daher mit seiner Meinung, daß 
die Schlafkrankheit in Rhodesia und Nyassaland 
nichts anderes als eine vom Trypanosoma brucei 
verursachte Tiertrypanosomiasis sei, die gelegent- 
lich auch besonders prädisponierte Menschen be- 
falle, ziemlich allein da. Es sind bereits, z. B. 
von Laveran, Gegenbeweise erhoben worden, 
aber bei der berechtigten Autorität, die Bruce 
zukommt, müssen natürlich seine neuerdings ver- 
tretenen Ansichten ernstlich erwogen werden. 
Bruce selbst hat früher stets auf dem Stand- 
punkt gestanden, daß wir, um praktisch arbeiten 
zu können, bei der Unterscheidung der Trypano= 
somen genau so, wie wir es gezwungenermaßen 
bei den Bakterien tun, da wo die Morphologie 
nicht ausreicht, die Biologie der Parasiten heran- 
ziehen müssen, so sehr es auch gegen die strenge, 
rein beschreibende Systematik verstoßen mag. Und 
bei einer solchen praktischen Prüfung zeigt es sich, 
daß das Trypanosoma brucei sich von dem 
Trypanosoma rhodesiense dadurch exakt unter- 
scheiden läßt, daß es nur für die verschiedensten 
Säugetiere, das Trypanosoma rhodesiense aber 
außer für diese auch für den Menschen pathogen ist. 
Neuerdings ist noch eine kleine Komplikation 
hinzugetreten, da nach Stephens und Blacklock 
das Trypanosoma brucei wegen seines exquisit 
dimorphen Typus eigentlich anders heißen müßte. 
Es handelt sich glücklicherweise nur um eine 
eventuelle Namensänderung. 
Wie gestaltet sich nun die Rolle des Wildes 
und der Haustiere bei der Verbreitung der Schlaf- 
krankheit in der Natur? Doa ist natürlich kein 
Zweifel möglich, daß Säugetiere und selbst Kalt- 
blüter Blutlieferanten für die Glossinen sind, 
und R. Koch hat ja bekanntlich in diesem Sinne 
auch auf die Krokodile als Ernährer der Glossina 
palpalis aufmerksam gemacht. Was speziell diese 
letztere Annahme von R. Koch betrifft, so gibt 
es in der Tat Stellen am und im Victoria-See, wo 
dies zutrifft und wo die Fliegen an Kaltblüterblut 
gewöhnt sind. Würde man aber den auch aus 
anderen Gründen so empfehlenswerten Versuch 
einer Vernichtung der Krokodile unternehmen, 
so würde man nicht etwa ein Verhungern der 
Glossinen, sondern nur das erreichen, daß die 
Fliegen sich nun um so mehr an den Menschen und 
die warmblütigen Tiere halten. Denn es ist 
durch die später in Ostafrika gemachten Be- 
obachtungen gezeigt, daß die Glossina palpalis, 
sobald sie einmal am Säugetierblut Geschmack 
gefunden hat, dieses jeder anderen Blutnahrung 
  
vorzieht. Ganz entsprechend würde nach dem 
Abschuß aller Antilopen und dem Aufhören jeglicher 
Viehhaltung in bevölkerten Gegenden der Mensch 
der Hauptblutlieferant für die Fliegen werden. 
Das gilt nicht nur für die Glossina palpalis, 
sondern auch für die morsitans, die ja keine 
eigentliche Viehfliege ist, wie vielfach irrtümlich 
geglaubt wurde, sondern den Menschen gleichfalls 
stark belästigt. Mit dem Abschuß des Wildes 
können wir also kein Aussterben der Glossinen 
erreichen. 
Viel wichtiger ist die Tatsache, daß das Wild 
in der Natur nicht nur ein Blutlieferant, sondern 
auch, ganz allgemein gesprochen, ein Trypanosomen= 
träger ist. In welchem Umfange das speziell für 
die menschenpathogenen Trypanosomen zu- 
trifft und ob es bei der Verbreitung der Schlaf- 
krankheit eine wirklich bedentende praktische Rolle 
spielt, ist, wie gesagt, noch sehr fraglich. 
Wie sich die Sache in Deutsch-Ostafrika 
unter natürlichen Bedingungen in Palpalis= 
gebieten abspielt, dafür möchte ich einige praktische 
Erfahrungen, die gelegentlich der Schlafkrankheits- 
bekämpfung dort gemacht wurden, anführen; sie 
betreffen zumeist die ja gleichfalls als Schlaf- 
krankheitsreservoir beschuldigten Haustiere. 
Die Bevölkerung am Morifluß bei Kirugu 
in der Gegend des Victoria-Nyanza war 
noch im Jahre 1908 schwer durchseucht mit 
Schlafkrankheit. Das Blut des zahlreichen Groß- 
und Kleinviehs, das regelmäßig an den gewöhn- 
lichen Wasserstellen getränkt und dort genau jo 
wie die Menschen von Glossinen zerstochen wurde, 
war aber frei von Trypanosomen. Mithin ist 
es ausgeschlossen, daß die dortigen Haustiere eine 
nennenswerte Rolle als Reservoir der menschlichen 
Schlafkrankheit spielten, trotz der günstigen Be- 
dingungen, die hierfür bestanden hatten. 
Die zweite Beobachtung betraf den Tanganjika. 
Von dessen Nordufer war im Jahre 1909 die 
Nachricht gekommen, daß in den dortigen Schlaf- 
krankheits= und Palpalisgebieten auch das Vieh 
häufig infiziert sei, und zwar mit Trypanosomen, 
die vielleicht mit den Trypanosomen des Menschen 
übereinstimmten. Bei den von Kleine, Fischer 
und Fehlandt angestellten Untersuchungen zeigte 
es sich neben anderen Besonderheiten, daß die ver- 
dächtigen Parasiten auf Meerkatzen überhaupt nicht 
übertragbar waren, sich also mit absoluter Sicher- 
heit vom Trypanosoma gambiensc unterscheiden 
ließen. 
Im vergangenen Jahre haben unn Kleine 
und Eckard nochmals in dieser Richtung Unter- 
suchungen am Tanganjika angestellt. Sie fanden 
in einer schwer verseuchten Gegend, wo 25 bis 
80 v. H. der menschlichen Bevölkerung an Schlaf- 
krankheit leiden, nur 3,5 v. H. der Haustiere
	        
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