733 ꝛ
handen, daß dort eine, wenn auch beschränkte Zahl
von Farmen (siehe die weiter unten angegebenen
Zahlen) zur Entstehung gelangen kann und daß auch
lene bisher am wenigsten von Menschen ausgesuchten
Teile des Schutzgebiets für dessen Entwicklung von
Bedentung sein werden. Ausscheiden müssen dabei die
ausgedehnten Gebiete westlich der Serengetisteppe,
ferner größtenteils die Gegenden am Fuße des so-
genannten Grabenrandes und ein Teil der Landschaft
Sonyo, in denen die Tsetsefliege vorhanden ist.
In all diesen Gebieten, auch soweit sie als Farm-
land in Betracht kommen, herrscht Wasserarmut. Die
Wassererschließung bei der Tanganjikabahn vor allem
im den Steppengebieten von Ugogo ist mit außer-
ordentlichen Schwierigkeiten verbunden gewesen. Zwar
gab es auch dort den größten Teil des Jahres über
Oberflächenwasserstellen; sie trockneten aber in den
trockenen Monaten und in besonders trockenen Jahren
um großen Teil ein und waren bei starker Ausnützung
nicht ergiebig genug. Wie wenig diese Oberflächenwasser-
liellen und Quellen stärkeren Beanspruchungen genügen
konnten, beweist, daß sie für die Wasserversorgung
der Bahn mit wenigen Ausnahmen nicht ausreichten.
Bohrungen waren aber nur von Erfolg begleitet, wenn
durch Tiefbohrungen der Gneis und Granit durch-
brochen wurde. Da die von den möglichen Trassen der
Nordbahn zu durchziehenden Gebiete aber nach den
stattgehabten Erkundungen großenteils noch viel wasser-
ärmer sind als Ugogo, so ist anzunehmen, daß ebenfalls
kostspielige Tiefsbohrungen oder Talsperren für größere
Wasserversorgungen nötig werden. Ferner wird der
Mangel an Brenn= und Bauholg sowie Holz zu Ein-
hegungen in jenen Gegenden sowohl dem Bahnbau,
wie jeder Ansiedelung erhebliche Schwierigkeiten
bereiten.
Es fragt sich nun, ob diese Zukunftsmöglichkeit
der westlichen Gebiete des Aruschabezirks sowie die
Verhältnisse am Victoriasee zur Zeit den Bau einer
Bahn von 60,2 Millionen Mark von Aruscha nach
Muansa rechtfertigen können. Die Frage muß aus
den nachfolgenden Gründen verneint werden:
Zunächst sind die wertvollen Gebiete am Victoriasee
bereits durch die Ugandabahn erschlossen. Die Uganda-
bahnverwaltung ist redlich bemüht, den Wünschen der
deutschen Interessenten nachgzukommen. Sowohl im Be-
triebe, wie in der Tarifgestaltung zeigt die dortige
Verwaltung so weitgehendes Entgegenkommen, wie es
auch von der deutschen Eisenbahnverwaltung nicht besser
geschehen könnte. Daß tatsächlich die deutschen Gebiete
sich mittels der Ugandabahn als Verbindungsweg mit
dem Ozean entwickeln können, zeigt der gewaltige
Ausschwung in den letzten Jahren. Im Jahre 1913
ist von den deutschen Plätzen ein Gesamtumschlagverkehr
von rund 20 000 Tonnen zu verzeichnen.
Wohl sind im Jahre 1912 größere Stockungen in
der Abfuhr der Güter namentlich in der Zeit der
Baumwoll= und Erdnußernte eingetreten. Mit solchen
zeitweise auftretenden Stockungen müssen jedoch selbst
die heimischen Verwaltungen trotz ihres reichen und
gut ausgestatteten Betriebsparks rechnen. Noch weniger
sind derartige mißliche Zustände auf den afrikanischen
Bahnen zu vermeiden. Es muß aber ohne weiteres
zugegeben werden, daß die Ugandabahnverwaltung in
den Zeiten der Stockungen die deutschen Häfen nicht
ugunsten der englischen Häfen vernachlässigt hat. Zur
Zeit verbessert sie ihren Betrieb erheblich durch Ein-
legen weiterer Züge, durch Beschaffung leistungsfähiger
Lokomotiven, durch Vermehrung des Güterwagenparks
und durch die Einstellung weiterer Dampfer.
Trotz des Aufschwunges des Wirtschaftslebens am
Victoriasee ist die Ugandabahn immer noch kein
glänzendes Unternehmen. Bei einem Verkehr von
rund 173.000 Tonnen verzinst sie sich im Jahre 1913
zum erstenmal mit 3½ v. H., trägt also noch nicht
den normalen Zinsfutz. Rücklagen sind, soweit
bekannt, nicht gemacht. Bei dem Bau einer deutschen
Bahn könnte man nur mit dem Umschlagsverkehr
der deutschen Wirtschaftsgebiete rechnen, also mit
20 000 Tonnen Güter. Sie würde also keineswegs
mit einem Ertrage rechnen können, wie ihn die Uganda-
bahn mit ihrem Verkehr nach den englischen und deut-
schen Gebieten insgesamt erzielt. Es harren im Schutz-
gebiete noch weite Gebiere der Erschließung; deshalo
müssen vorläufig diese guten englischen Vertehrs-
möglichkeiten um Victoriasee ausgenützt werden und
es sind in anderen Gegenden Bahnen zu bauen, in
denen noch jeder Verkehr ruht. Dies liegt weit mehr
im Interesse des Schutzgebiets, als die Ablenlung des
deutschen, für die Erhaltung einer eigenen Bahn bis
auf weiteres ungenügenden Verkehrs von der Uganda-
bahn auf deutsches Gebiet.
Allerdingo bin ich mir darüber klar, daß das
deutsche Interessengebiet abhüngig ist von einer fremden
Bahn, und daß von deutscher Seite auf deren Betriebs-
führung und Tarifgestaltung nicht eingewirkt werden
kann. Ich bin mir auch darüber klar, daß bei einer
weiteren, sicherlich zu erwartenden Steigerung des
Verlehrs am Victoriasee ein Zeitpunkt eintreten kann,
an dem die Ugandabahn an die Grenze ihrer Leistungs-
fähigkeit gelangt und die deutschen Gebiete nicht die
entsprechenden Verkehrsmöglichkeiten von seiten dieser
Bahn genießen können, die ihnen für ihre weitere
Entwicklung nötig sind. Dieser Zeitpunkt ist meines
gehorsamen Erachtens noch nicht gekommen; deshalb
ijt eine deutsche Ronkurrenzbahn gur Zeit auch noch
nicht erforderlich.
Was die Erschließung der Farmgegenden an-
belangt, so geht aus den Untersuchungen der land-
wirtschaftlichen Sachverständigen hervor, daß im Be-
reich der Bahn doch nur eine im Vergleich zu ihrer
Länge (546 km wie ungefähr von Frankkfurt nach
Berlin) geringjügige Zahl von Viehfarmen — etwa
250 — (außer den bereits in den Bereich der Moschi—
Uruschabahn fallenden Farmen) angesetzt werden
önnte.
Als Durchschnittsgröße für eine Farm sind 2000 ha
angenommen. Bei der praktischen Aufteilung des Landes
würde natürlich je nach den wirtschaftlichen Verhält-
nissen der Ortlichkeit, ihrer Lage zur Bahn und den
spegziellen Wünschen der Interessenten die Größe der
eingelnen Farmen verschieden und oft nicht unerheblich
großer bemessen werden müssen.
Rechner man als wirtschaftliche Entfernungsgrenze
75 km. von der Bahn, so würden iunerhalb dieses
Radius von Aruscha in den neu erkundeten Gebieten
durch die Bahn Aruscha —Moschi erschlossen: rund
20 000 ha Weideland erster Klasse, ausreichend für
10 Farmen, und 140 000 hn Weideland zweiter Klasse,
ansreichend für 70 Farmen.
as erstere umfaßt die Landschaft Mussania,
das letztere die Laudschaft Kissongo mit rund
50 000 ha, die Steppe nördlich des Mondul in un-
gefähr der gleichen Ausdehnung und die Steppen
nördlich und südlich des Essimingor mit rund
40000 ha.
Aufgeschlossen ferner kleine Komplexe
Ackerland nördlich Manjarasees und im
Engarukabecken am Fuß der Bruchstufe.
Eine Verlängerung der Bahn über Aruscha
hinaus, und zwar aus der südlichen der erkundeten
Trassen, würde außerhalb der besprochenen 75-Kilo-
meterzone eben so viele Kilometer nach Norden und
27
wurden