Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXV. Jahrgang, 1914. (25)

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1. der Wunsch, gemäß meinem Auftrage in nörd- 
lichem und südlichem Anschluß an die übrigen 
Teilexpeditionen ein möglichst vollständiges Ge= 
samtbild von den besonders gründlich zu e 
kundenden Serengeti= und Szelerlandscher 
zu gewinnen: 
die WMöglichleit, bei Verproviantierung in 
Kilimacha-fesa von Ikoma aus die Zahl der 
Träger erheblich zu beschränken, was mit Rück- 
sicht auf die zu erwartende Wasserarmut des 
Gebiets dringend erforderlich schien. 
Ein Abstecher nach dem Longido, der ursprünglich 
von mir beabsichtigt war, mußte wegen Zeitverlust 
beim Abstieg zum Natronsee (s. u.) unterbleiben. 
Kllgemeiner Vericht. 
Zuwecks möglichster Ausnutzung der beschränkten, 
zur Verfügung stehenden Zeit für die Ausführung des 
gestellten Auftrags erschien es wünschenswert, den 
eigentlichen Ausgangspunkt der Expeditionen für 
Dr. Sinning und mich, das Mbalagetital möglichst 
schnell und billig zu erreichen. 
Dieser Zweck wurde durch die Charterung des 
Dampfers „Nyansa“ der Ws Schiffahrtsgesellschaft 
in Muansa erreicht. Am 28. Oktober brachte- der 
Dampfer beide Expeditionen mit sämtlichen Trägern 
bis nahe der Mbalagectimündung zur Plantage des 
Herrn Martin, was einen Zeitgewinn von mindestens 
sechs Tagen bedeutete. Von hier wurde in Begleitung 
von Bezirksamtmann Regierungsrat Gunzert die 
flansung von ühn und Cleve am Mbalageti am 
Okttober err eicht. 
Am Michsten Tage von dort abmarschierend, schlug 
ich am Handajega das erste Lager auf, wo ich auf 
geeignetem Gelände meine Basis für die Aufnahme 
des Geländes mit dem Sprengerschen Mentisch im 
Maßstab 1:100 000 ausmaß, die infolge der Über- 
sichtlichkeit des Geländes auf der ganzen Reise sich als 
ausreichend erwies. Am November erreichte ich am 
Fuß des Jaruboro die Serengeti 
Durch die bisher über die Steppe vorliegenden Be- 
richte gewarnt und durch Regierungsrat Gunzert 
noch einmal ausdrücklich auf die Wasserarmut und die 
dadurch bedingten Gefahren der Serengeti hingewiesen, 
füllte ich hier die mitgenommenen und für den Trans- 
port von Wasser vorgerichtelen 60 Petroleumtins in 
30 Lasten, entsprechend 900 Liter Wasser, auf, die bei 
vorsichtiger Verteilung für die insgesamt 85 Kowi 
starke Expedition für sechs Tage ausreichen konnten, 
und durchkreuzte die Steppe in der oben angezogenen 
Weise in Länge und Quere bis zum 15. November, 
wo ich in Kilima-cha-fesa eintraf. 
dit Wassermangel hatte ich in dieser ganzen Zeit 
keine Schwierigkeiten zu überwinden, vielmehr erwiesen 
sich die bisher über die Wasserarmut der südlichen und 
mittleren Serengeti verbreiteten Nachrichten als voll- 
kommen unzutreffend. Nur an einem Tage wurden 
die Wasservorräte nördlich des Lgarjasees in Anspruch 
genommen und auch hier nur, um den Trägern einen 
etwa zweistündigen weiteren Marsch nach einer vom 
Berge sichtbaren Wasserstelle von größerer Ergiebig- 
keit, als sie sich am Lager selbst befand, zu ersparen, 
da der erreichte Platz ausnahmsweise reichlich Brenn- 
holz bot. 
Denn trotzdem in der Serengeti, wie aus dem 
vollkommen trockenen Zustand der Vegetation mit 
voller Deutlichkeit hervorging, noch gar kein oder doch 
nur sehr wenig Regen gefallen war, fanden sich nicht 
nur an allen Lagerplätzen, sondern vielfach auch 
zwischen diesen auf dem Marsche reichlich gutes Wasser 
enthaltende Wasserstellen (s. u.). 
1 
  
Nach Tausenden zählende Wildrudel bezeichneten 
schon von ferne die Nähe dieser Stellen, von denen viel- 
fach Löwen, in Rudeln bis zu 19 Stück, sich erst beim 
Nahen der Expedition vor dem Lärm der Träger ent- 
hei ohne daß ihnen das Wild die geringste Beachtung 
schenkt 
Kilima-cha-fesa nahm ich neue Verpflegungs- 
lasten auf und marschierte von hier zum Durch- 
bruch des Malambo durch den Grabenrand, der 
mittleren der projektierten Trassen zustrebend. In 
diesem Teile der Route hatte ich dauernd mit 
großen Wasser= und Verpflegungsschwierigkeiten zu 
kämpfen. Sämtliche Flüsse waren trocken, die auf 
der Karte angegebenen Wasserstellen versiegt. Die in 
den Wasserlasten verfügbare Tagesration pro Träger 
betrug, da Vorsicht wegen der Ungewißheit der nächsten 
Wasserstellen nach den gemachten Beobachtungen in der 
Gegend geboten schien, 2 Liter, d. h. so viel als zur 
Unterhaltung des Lebens und einer mittleren Leistungs- 
fähigkeit nach meinen Erfahrungen gerade ausreicht. 
Anstatt das Wasser, das den Leuten täglich zugemessen 
wurde, jedoch wie ich es mit aller Energie durchzu- 
setzen versuchte, zu einem Viertel zum Kochen zu ver- 
wenden, ließen die Träger sich nicht abhalten, die 
ganze Menge zu trinken. Sie waren dementsprechend 
dann nicht in der Lage, das als Verpflegung ausge- 
gebene Sorghummehl zu kochen, und eine große Er- 
schöpfung der Leute war die Folge, da bei völligem 
Mangel an Wild auch kein Fleisch als Ersatz des 
Mehles Zu beschauen war. 
Erst ich des Lamuniane am Fuß des Graben- 
randes 8 sich in einem kurzen aber ergiebigen Ge- 
birgsbach, der vor völligem Erreichen des Malambo 
jedoch in der Ssaleesteppe versickert, wieder Wasser. 
er projektierten Trasse folgte ich dann durch die 
gleichfalls völlig wasserlose Ssaleesteppe bis ans Süd- 
ende des Mossonik, in der Annahme, daß gemäß der 
Auszeichnung der Karte ein Abstieg oberhalb des 
Lagers Mitimiwili am Natronsee von dem Bruchrande 
Mmöglich sein müßte. (Abb. 4.) Der Abstieg erwies 
sich jedoch nach dreitägigem Suchen an dieser Stelle 
als undurchführbar, da die Steilhänge jeden Lasten- 
transport ausschlossen, und die zahlreichen Flußtäler 
südlich und östlich des Mossonik ausnahmslos infolge 
der großen geologischen Jugend des Gebietes unstetige, 
durch Steilstürze bis zu 70 m Tiefe unterbrochene 
Längsprofile haben. (s. u.) 
Ich marschierte daher um den Mossonik nach Norden 
herum zum Malambo zurück und erreichte, diesem Flusse 
folgend, dann ohne größere Schwierigkeiten über den 
Grabenrand den Natronsee. Am 29. November traf 
ich in Mitimiwili ein und machte hier einen infolge 
gänzlicher Erschöpfung der Träger nötigen Ruhetag. 
Am 2. Degember erreichte ich Engaruka, am 6. 
Aruscha und am 11. Moschi, von wo am 13. mit der 
Bahn die Rückreise zur Küste erfolgte. 
  
  
Das bereiste Gebiet zerfällt geographisch und 
wirtschaftlich in fünf, voneinander scharf zu trennende 
Teile, die dementsprechend auch eine gesonderte Dar- 
stellung erfahren müssen. Diese sind: 
I. Das Mbalagetital. 
II. Die Serengeti. 
III. Die Ssaleesteppe 
IV. Der Natronsee end seine Steppen. 
V. Das Engarukabecken. 
Gemeinsam ist allen Landschaften, daß es sich aus- 
nahmslos um Grassteppen handelt. gegenüber denen 
die geschlossenen Formationen des Busches und Waldes 
in irgendeiner Form, ja selbst schon der Buschsteppe, 
nur eine untergeordnete Rolle spielen. Im einzelnen 
 
	        
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