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nach eine Abteilung der deutschen Schutztruppe
über die bei Kissenji am Nordende des Kiwu ein-
gedrungenen belgisch-kongolesischen Truppen.
Nach einem, vom belgischen Gouverneur von
Katanga in Havre eingetroffenen Telegramm
sollen die belgisch-kongolesischen Truppen eine
vollständige Niederlage erlitten haben. Der
„Matin“ hat zwar durch Fortlassung einiger
Worte den Inhalt des Telegramms später in das
Gegenteil zu verdrehen versucht. Jedoch liegt
kein Grund vor, an der Richtigkeit der ersten
Meldung zu zweifeln, um so weniger, als sie
auch noch von anderer Seite bestätigt worden ist.
Das vorliegende Material schließt also mit
einem, auch von feindlicher Seite zugegebenen
Erfolge der deutschen Schutztruppe ab. Die eng-
lischen Nachrichten — auf die wir uns im Vor-
stehenden hauptsächlich stützen mußten — werden
in Zukunft noch einer gründlichen Revision unter-
zogen werden, wobei sich vermutlich die Tat-
sachen in mehr oder weniger verändertem
Lichte gegen die englischen Meldungen abheben
werden. Alles in allem dürfte aus der wieder-
holt hervorgehobenen, ausgesprochen peripherischen
Gruppierung und der Art der bisherigen Kämpfe
zur Genüge hervorgehen, daß wenigstens in
den ersten drei Monaten des Krieges Deutsch-
Ostafrika irgendwelche stärkere Erschütterung seiner
Streitkräfte und seiner inneren Verhältnisse nicht
zu erleiden gehabt hat.
II. Kamerun.
Durch die Unterbindung des Schiffsverkehrs
nach Kamerun, die Unterbrechung der deutschen
Kabellinien und die Zerstörung des Funkenturms
in Kamina in Togo, der, wie bekannt, mit der
Großstation Nauen in direkter Verbindung stand
und Telegramme nach Kamerun weitergeben
konnte, ist seit dem 25. August Dd. Is. jede Ver-
bindung mit Kamerun unmöglich geworden. Die
spärlichen Nachrichten, die seitdem von dort hier-
her gelangt sind, haben große Umwege machen
müssen, so daß sie bei ihrem Eintreffen in Deutsch-
land veraltet waren. Nachdem nun die Eng-
länder und Franzosen auch die ganze Kamerun-
küste blockiert haben, werden in Zukunft wohl
alle Nachrichten ausbleiben. Trotzdem können
wir uns ein ziemlich vollständiges Bild von der
derzeitigen Lage des Schutzgebietes machen, wenn
wir die in englischen und französischen Zeitungen
veröffentlichten Berichte auf Grund genauer Orts-
kenntnis der in Frage kommenden Gebiete prüfen
und auf das wahrscheinliche Maß der Richtigkeit
einschätzen.
Nach der Beschaffenheit der Grenzen und der
Verteilung der feindlichen Truppen war zu ver-
muten, daß die Verbündeten bei ihren Angriffen von
allen vier Seiten in das Schutzgebiet einzudringen
versuchen würden, so daß sich hier also mehrere
Kriegsschauplätze entwickeln würden. Im folgenden
seien daher die verschiedenen Operationen, nach
den Himmelsrichtungen eingeteilt, besprochen.
Der Norden des Schutzgebietes stößt an die
englische Kolonie Nigeria. Einem in der „Times“
vom 27. Oktober veröffentlichten amtlichen eng-
lischen Berichte ist nun zu entnehmen, daß die
Engländer von Yola aus mit einem in Nord-
nigerien liegenden Bataillon der West Abriean
Frontier Force unter Oberstleutnant Maclear in
der Richtung auf Garua nach der deutschen Grenze,
die nur wenige Kilometer entfernt ist, vorrückten.
Unter Kämpfen, bei denen auf seiten der Eng-
länder zwei Leutnants fielen und zwei Hauptleute
verwundet wurden, besetzten die Engländer Tepe
auf deutschem Gebiet. Am 26. August rückten sie
weiter auf Garua vor und unternahmen in der
Nacht zum 29. August einen Sturmangriff auf
diesen Platz, wobei sie angeblich ein Fort von
Garua einnahmen. Unter „Fort“ ist wohl eines
der Europäer-Wohnhäuser zu verstehen, die außer=
halb der durch eine Mauer befestigten Station
gelegen sind. Durch heftige Gegenangriffe der
Deutschen erlitten die Engländer schwere Verluste
und mußten sich, von den Deutschen verfolgt,
über die Grenze zurückziehen. In diesen Kämpfen
am 29. und 30. August fielen der Befehlhaber
des englischen Bataillons Maclear, zwei Haupt-
leute und ein Leutnant. Schwer verwundet
wurde ein Leutnant, der seinen Wunden bald
erlag, sowie zwei weitere Leutnants. Zwei rzte
wurden angeblich von den Deutschen gefangen
genommen. Der Gouverneur von Kamerun be-
stätigt diese Ereignisse, wie folgt: „Engländer an-
griffen nachts 29. zum 30. August unsere Stellung
bei Garua. Angriff abgeschlagen. Engländer
gingen in Eile auf Yola zurück. Eigene Verluste:
Oberleutnants von Rothkirch und Panthen und
Milbrat, Sergeant Jost und Kühn gefallen,
Verluste an farbigen Soldaten unbedeutend. Ver-
luste beim Feinde: fünf Offiziere gefallen, zwei
Sanitäts-Offiziere gefangen, sehr starke Verluste
an Farbigen, die außerdem in großer Zahl deser-
tierten.“ »,.
Um den Erfolg der deutschen Waffen richtig
einzuwerten, muß man bedenken, daß die gemeinen
Soldaten in Westafrika sowohl bei den Engländern
als auch bei den Deutschen aus Eingeborenen des
Landes bestehen und daß nur die Offtziere und
ein Teil * len unhiert Europäer sind. Verden
die Offiziere abgeschossen, so ist die Widerstan 4
kraft der Truppen meistens gebrochen. Die Hon
daten ergeben sich, fliehen oder desertieren. on
dem englischen Bataillon sind fieben Offiziere,