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marsche auf die französische Station Mid zik. Nach
dem gleichen Berichte wurde im Südosten die
französische Station Ouesso von den Unfrigen ge-
nommen, da aber unsere Truppenversammlung
noch nicht vollendet war, vorerst wieder auf-
gegeben. Die erneute Besetzung ist vorbereitet.
Von der einschneidendsten Bedeutung für die
weitere Entwicklung der Lage Kameruns sind
die von See aus erfolgten Angriffe auf das
Schutzgebiet. Anscheinend haben hier die Englän-
der und Franzosen erst den Ausgang ihrer Ope-
rationen in Togo abgewartet, ehe sie sich zu einem
aktiven Vorgehen entschlossen. Am 24. August
gingen die Franzosen von Libreville aus, unter-
stützt von dem Kanonenboot „La Surprise“ gegen
die deutsche Station Ukoko an der Bai von Co-
risco vor. Die dortige Polizeitruppe von etwa
30 Mann zog sich nach heftiger Gegenwehr ins
Innere des Landes zurück. Nach aus Paris
stammenden Meldungen zerstörte die „Surprise"“
hier zwei deutsche Handelsdampfer: „Rhios“ und
„Italo"“. „La Surprise“ und der franzäösische
Kreuzer „Brux“ haben später Kampo und
Kribi beschossen, ohne jedoch größeren Schaden
anzurichten. Beide Orte sind offene unmittelbar
an der See gelegene Handelsplätze. Kribi ist
Sitz eines Bezirksamtes: Die dort vorhandenen
50 Polizeisoldaten hatten sich wahrscheinlich schon
vorher mit den im Innern des Schutzgebiets
stehenden Truppen vereinigt.
Am 14. September berichtete der Gouverneur
von Kamerun, daß englische Kriegsschiffe am
4. September vor Victoria Anker warfen und
ein Landungskorps ausschifften. Dieses zog sich
aber am 5. auf die Nachricht von dem Heran-
nahen unserer Truppen auf die Schiffe zurück,
worauf Victoria ohne wesentlichen Schaden bom-
bardiert wurde. Die Engländer scheinen dann
zunächst die Landungsversuche aufgegeben zu
haben; denn englische Berichte lagen hierüber
nicht vor. Nach französischen Meldungen fand
zwischen den vereinigten englisch-französischen
Truppen und den deutschen am 1. Oktober in der
Nähe von Victoria ein lebhaftes Gefecht statt,
das mit der Niederlage der Deutschen endigte.
Die Franzosen machten hierbei angeblich 300
europäische und zahlreiche schwarze Gefangene,
hatten dagegen nur 2 Tote und 4 Verwundete;
die Deutschen sollen sich jedoch, wie dieser fran-
zösische Bericht betont, „geordnet zurückgezogen
haben"“, verfolgt von den verbündeten Streitkräften.
Entspräche dieser Bericht den Tatsachen, so müßten
die Engländer und Franzosen in diesem einen
Gefecht fast sämtliche waffenfähigen am westlichen
ang des Kamerunbergs wohnenden Europäer
gefangen genommen haben, so daß von einem
„geordneten Rückzuge“ dann wohl nicht mehr die
Rede hätte sein können. Und 300 Deutsche lassen
sich bekanntlich nicht fangen, ohne dem Feinde
Schaden zugefügt zu haben. Jedenfalls hat es sich,
nach den angegebenen Verlusten der Verbündeten zu
schließen, um ein kleineres Gefecht gehandelt, bei dem
sich unsere Truppen zurückzogen, weil das Gefecht im
Bereiche der Einwirkung der im Hafen liegenden
Schiffsgeschütze stattfand. Es ist auch in den
neuesten englischen Berichten nicht erwähnt, daß
unsere Feinde von Victoria aus nach dem Gou-
vernementssitze Buea, der nur etwa 20 km von
dort entfernt im Gebirge liegt, vorgedrungen
seien.
Der Gouverneur von Kamerun teilte am
14. September ferner mit, daß seit Anfang Sep-
tember der Hafen von Duala blockiert sei, und
zwar durch die englischen Kriegsschiffe „Cumber=
land“ und „Dwarf“ sowie die Jacht „Joy“ (Gou-
verneursjacht von Nigerien). Die flachgehenden
Schiffe „Dwarf“ und „Joy“ bemühten sich, in
alle Krieks einzudringen und die Blockade immer
enger zu schließen. Am 11. September versuchte
„Dwarf“ in den Innerkamerunhafen, dessen Ein-
fahrt durch versenkte Schiffe verlegt war, einzu-
laufen, zog sich aber vor dem Feuer unserer
Batterie (es sind in Duala vier Feldartillerie-
Geschütze eines älteren Systems vorhanden) an-
scheinend mit Schaden zurück. Die Engländer
warteten hier die Ankunft von Verstärkungen des
Landungskorps ab. Nach französischen Meldungen
traf dann am 26. September der franzäösische
Dampfer „Admiral Fourichon“, von Dakar kom-
mend, mit 30 Offizieren, 47 Unteroffizieren, 153
Korporalen und 870 Senegal-Schützen im Ka-
merunfluß ein. Hier lagen vier große sowie
mehrere kleine englische und französische Trans-
portschiffe vor Anker, sowie die beiden englischen
Kreuzer „Challenge“ und „Cumberland“, ferner
das englische Kanonenboot „Dwarf“ und der
französische Kreuzer „Bruix“. Trotz der Sperrung
der Hafeneinfahrt durch von unserer Seite ver-
senkte Schiffe gelang es dem Kreuzer „Challenge“,
bis auf etwa 5 km an die Stadt Duala heran-
zukommen und sie — jedoch ohne Erfolg — zu
beschießen. Auch die „Dwarf“ beteiligte sich später
an der Beschießung. Die deutschen Geschütze
antworteten, ihre Geschosse (es handelt sich wie
oben gesagt um alte Feldgeschütze) konnten in-
dessen die englischen Schiffe nicht erreichen.
Diese Vorgänge werden durch eine Dar-
stellung in der „Times“ vom 27. Oktober im
wesentlichen bestätigt. Duala ergab sich am
27. September vormittags 11 Uhr bedingungslos.
Eine englisch-französische Truppenmacht unter Bri-
gade-General Dobell wurde gelandet. Es wurde
festgestellt, daß das Bombardement fast keinen
Schaden angerichtet hatte und daß die Telefunken-