Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVI. Jahrgang, 1915. (26)

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Hängematte aufzutreiben, so daß sie die 30 km 
bis Jabassi nicht zu Fuß zurücklegen brauchte. 
Leider mußten wir dafür aber von dem Wenigen, 
das wir verpackt hatten, noch sechs Kisten zurück- 
lassen. Kurz vor der Abreise bat ich einen eng- 
lischen Offizier, doch dafür zu sorgen, daß nicht 
farbige Soldaten die letzten seien, die das Grund- 
stück verließen. Ich befürchtete nämlich mit Recht, 
daß diese vor dem Abmarsch noch plündern 
würden. Er versicherte mir dann, daß Engländer 
als letzte den Platz verlassen würden und ich 
nichts zu befürchten hätte. Als ich mich nachher 
noch einmal umschaute, sah ich auch, daß einige 
englische Offiziere um das Haus herumgingen. 
Es war ein gewaltiger, wohl 1½ km langer 
Zug, in dem wir uns befanden. Vor und hinter 
uns, soweit wir auf dem schmalen Wege blicken 
konnten, Soldaten mit aufgepflanzten Seiten- 
gewehren, dazwischen auf den Schultern von 
Trägern Feldgeschütze und Maschinengewehre. 
Und das alles, um einige Missionare und eine 
Frau, die friedlich auf ihrer Station waren, fort- 
zuholen! 
Nachdem wir etwa ½ km gegangen waren, 
erhielt der neben mir hergehende Offizier einen 
vom Oberst unterschriebenen Zettel, auf welchem 
er nach den Schlüsseln für die Zimmer, in denen 
wir unsere zurückgelassenen Sachen untergebracht 
hatten, fragte. Nichts Übles ahnend, setzten wir 
die Reise fort. In Ndogobao angekommen, wurde 
kurze Rast gemacht. Hier trafen wir unsere 
Mädchen und andere Eingeborene, die uns nach- 
gelausen waren, an und erfuhren von ihnen, 
daß die Engländer, welche nach unserm Ab- 
marsch auf dem Grundstück zurückgeblieben waren, 
Türen, sowie Kisten und Kasten erbrochen 
und alles Brauchbare eingepackt oder an Ein- 
geborene verkauft hätten. Wir wollten es zuerst 
nicht glauben, es wurde uns aber von ver- 
schiedener Seite bestätigt. Es war dies eine 
dußerst schmerzliche Nachricht für mich, nicht so 
sehr in Anbetracht unseres Verlustes, sondern 
vielmehr im Gedanken daran, daß englische Offi- 
ziere, darunter ein Oberst, sich derart erniedrigten, 
daß sie zu gemeinen Räubern wurden. 
Als wir in Jabassi ankamen, dunkelte es 
bereits. Wir wurden in Gegenwart unserer 
Träger aufgefordert, uns, obwohl auf den Bänken 
genügend Raum vorhanden war, auf den mit 
Wasser bedeckten Boden des Bootes zu setzen, 
wogegen wir jedoch protestierten. Wir über- 
nachteten in einem Hause der Firma C. Woer- 
mann, in welcher sich auch nicht ein einziges 
Möbelstück mehr befand. Alles war geraubt 
worden! Hier machten wir auch die schmerzliche 
Erfahrung, daß uns neun unserer Lasten 
  
fehlten. Einer der Engländer tröstete uns mit 
der Bemerkung, daß dieselben wohl aus Versehen 
in den Regierungsschuppen gebracht worden seien. 
Als wir jedoch am nächsten Tage auf der Weiter- 
fahrt nach Duala einige der Sachen im Besfttz 
englischer Soldaten sahen, wußten wir, daß wir 
aufs neue beraubt worden waren. 
Bemerken möchte ich noch, daß die Engländer 
schon bald nach ihrer Ankunft in Nyamtang ver- 
schiedentlich andeuteten, während der Reise dahin 
am Wege verschiedene Leichen von Ein- 
geborenen gesehen zu haben; sie hoben hervor, 
daß man es nicht verstehe, wie deutsche Sol- 
daten harmlose Eingeborene niederschießen könnten. 
Auf der Reise nach Jabassi kam der uns be- 
gleitende Offizier wieder auf die „Grausam- 
keiten“ der deutschen Truppen zu sprechen. 
Ich machte ihn darauf aufmerksam, daß es noch 
keineswegs erwiesen sei, wer die Eingeborenen 
erschossen habe, falls es aber von deutscher Seite 
geschehen sein sollte, so könne es sich nur um 
Schwarze gehandelt haben, die entweder sich 
weigerten, Lasten zu tragen, oder die beim 
Truppentransport versucht hätten, zu fliehen. 
Unter gleichen Verhältnissen würden die Eng- 
länder ebenso gehandelt haben; das sei doch noch 
keine Grausamkeit. Der Gegenstand wurde dann 
auf der Reise nicht weiter berührt. Erst nachdem 
wir in Duala angekommen waren, wurde ich 
vor das Oberkommando geladen und auf- 
gefordert, etwas über die „Grausamkeiten“ der 
Deutschen niederzuschreiben. Ich weigerte mich 
und wurde entlassen. Bald erfolgte eine zweite 
Vorladung. Wieder kam dieselbe Zumutung. 
Nachdem ich mich bereit erklärt hatte, zu schreiben, 
was ich gesehen habe, konnte ich wieder gehen. 
Der Inhalt meiner Niederschrift, die ich dann 
einreichte, handelte von der schamlosen Behand- 
lung, welche uns und andern Missionaren zuteil 
geworden war. Hierauf wurde ich wieder vor- 
geladen und scharf verwarnt, denn meine Auf- 
zeichnungen seien eine Anklage der englischen 
und französischen Soldaten und eine Verdächtigung 
des gesamten Kommandos. Man hatte aber den 
traurigen Mut, noch einen Schritt weiter zu 
gehen und mir in Aussicht zu stellen, am nächsten 
Tage aus der Gefangenschaft entlassen zu werden, 
wenn ich ihren Wunsch erfüllte und einen Bericht 
über „Grausamkeiten, verübt von den deutschen 
Truppen“ ihnen zusenden würde! Sellbst- 
verständlich konnte ich das nicht tun. Unter der 
Beschuldigung, ich hätte als amerikanischer Bürger 
die Neutralität verletzt und die deutsche Regierung 
in ihren Zielen unterstützt, sind dann meine Frau 
und ich als Kriegsgefangene nach England ge- 
bracht worden. Selbst noch dort begründete 
man mein Festhalten durch Neutralitätsverletzung.
	        
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