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Der Einführung der Meldepflicht kann daher eine große Wirksamkeit
bei der Seuchenbekämpfung nicht zugeschrieben werden, doch ist
nicht zu leugnen, daß sie gelegentlich einmal auch von guter Wir-
kung sein kann.
III. Absonderung kranker und verdächtiger
Personen.
Die Überzeugung kommt bei Ärzten und Laien immer mehr zum
Durchbruch, daß die Hauptgefahr für die Verbreitung übertragbarer
Krankheiten die Kranken selbst darstellen, und daß alle Maßregeln
sich in erster Linie gegen den Kranken selbst zu richten haben. Mit
Recht wird daher sowohl vom Reichs- als auch vom preußischen
Seuchengesetz der Schwerpunkt auf die Absonderung der kranken
und verdächtigen Personen gelegt.
1. Umfang des Rechtes zur Anordnung der Absonderung.
S 14 R.G. Für kranke und krankheits- oder ansteckungsverdäch-
tige Personen kann eine Absonderung angeordnet werden.
A.A.P.G.88. Ill. Einer Absonderung ($ 14 Abs.2 R.G.) können unter-
worfen werden:
1. kranke Personen, und zwar:
a) ohne Einschränkung bei übertragbarer Genickstarre, Ruhr und Toll-
wut; Erwachsene auch bei Diphtherie und Scharlach;
b) bei Diphtherie und Scharlach unterliegen auch Kinder der Ab-
sonderung, jedoch mit der Maßgabe, daß ihre Überführung in ein
Krankenhaus oder in einen anderen geeigneten Unterkunftsraum
gegen den Widerspruch der Eltern nicht angeordnet werden darf,
wenn nach der Ansicht des beamteten Arztes oder des behandelnden
Arztes eine ausreichende Absonderung in der Wohnung sicher-
gestellt ist;
c) kranke Personen, welche gewerbsmäßig Unzucht treiben, bei Syphilis,
Tripper und Schanker.
2. kranke und krankheitsverdächtige Personen bei Rotz, Rückfallfieber
und Typhus.
Nach $S 14 Abs. 1 R.G. kann für kranke und krankheits-
oder ansteckungsverdächtige Personen eine Absonderung an-
geordnet werden.
Die Durchführung dieser Maßregel stößt bei Kranken und krank-
heitsverdächtigen Personen in der Regel auf keine Schwierigkeiten.
Anders ist es bei ansteckungsverdächtigen, d. h. bei solchen Personen,
welche sich vollständig wohl fühlen und daher, selbst wenn sie ge-
bildet sind, schwer begreifen, daß sie eine Gefahr für die Allgemein-
heit darstellen soılen. Handelt es sich dabei um Personen, welche