Full text: Die gesetzlichen Grundlagen der Seuchenbekämpfung im Deutschen Reiche unter besonderer Berücksichtigung Preußens.

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hinzugefügt, daß außer jener Erklärung des beamteten Arztes auch 
noch die Erklärung des behandelnden Arztes eingeholt werden muß, 
daß die Überführung des Kranken ohne Schädigung desselben zulässig 
ist. Diese Vorschrift wird von mancher Seite als lästig empfunden, 
weil dadurch das Bestimmungsrecht der Polizeibehörde eingeschränkt 
und unter Umständen eine erhebliche Verzögerung herbeigeführt 
werden kann. Man sollte meinen, das Gutachten des beamteten Arztes 
müßte genügen, da er als Arzt durchaus in der Lage ist, beurteilen zu 
können, ob ein Transport für einen Kranken schädlich ist oder nicht. 
Es muß jedoch zugegeben werden, daß der beamtete Arzt, auch wenn 
er ein noch so tüchtiger praktischer Arzt ist, den Zustand eines 
Kranken, den er zum ersten Male sieht, nicht ebensogut beurteilen 
kann wie der Arzt, welcher ihn in Behandlung hat. Im Verlaufe 
mancher Krankheiten treten Zwischenfälle ein, welche einen Trans- 
port als in hohem Grade bedenklich erscheinen lassen können. Beim 
Typhus z. B. treten nicht selten in der 3. Krankheitswoche plötzlich 
schwere Darmblutungen ein, die einen Transport als ausgeschlossen 
erscheinen lassen müssen. Man kann es daher nur als zweckmälig 
bezeichnen, daß die Überführung eines Kranken in ein Krankenhaus 
von der Übereinstimmung des beamteten mit dem behandelnden Arzte 
abhängig gemacht wird, wobei jener die Interessen der Allgemeinheit, 
dieser diejenigen des Kranken zu vertreten hat. Freilich setzt diese 
Bestimmung ein großes Pflichtgefühl bei beiden Seiten voraus. Die 
von manchen Seiten geäußerte Befürchtung, es könne gelegentlich ein 
praktischer Arzt aus Abneigung gegen einen beamteten Arzt die 
Überführung eines Kranken in ein Krankenhaus ohne zwingende 
Gründe hintertreiben, darf wohl ohne weiteres als unbegründet be- 
zeichnet werden. Es ist vielmehr anzunehmen, daß sich bei der Ent- 
scheidung dieser für die Allgemeinheit so bedeutungsvollen Frage 
jeder Arzt seiner Verantwortlichkeit voll bewußt ist. 
Eine weitere Einschränkung enthält das preußische Gesetz bezüg- 
lich der an Diphtherie und Scharlach leidenden Kinder, indem es ihre 
Überführung in ein Krankenhaus von der Zustimmung der Eltern ab- 
hängig macht. Die Abgeordneten, auf deren Antrag diese Bestimmung 
in das Gesetz hineingekommen ist, wollten, mit Rücksicht darauf, daß 
kranke Kinder in der Regel bei ihren Eltern am besten aufgehoben 
sind, den Eltern das Bestimmungsrecht über ihre Kinder wahren. 
Jedoch soll die Überführung solcher Kinder auch gegen den Wider- 
spruch der Eltern angeordnet werden dürfen, wenn nach der Ansicht 
des behandelnden oder des beamteten Arztes eine ausreichende Ab- 
sonderung in der Wohnung nicht sichergestellt ist. Die Antragsteller 
haben übersehen, daß die von ihnen in das Gesetz gebrachte Bestim- 
mung eigentlich gar keine Verbesserung, sondern eher eine Verschlech- 
terung herbeigeführt hat. Denn während bei allen übrigen Krankheiten
	        
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