Full text: Die gesetzlichen Grundlagen der Seuchenbekämpfung im Deutschen Reiche unter besonderer Berücksichtigung Preußens.

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der beamtete und der behandelnde Arzt zusammenwirken müssen, ist, 
wie ausdrücklich hervorgehoben werden muß, bei Diphtherie und Schar- 
lach das Zusammenwirken beider Ärzte nicht erforderlich, vielmehr wird 
das Gutachten von einem von beiden für ausreichend erachtet. Von sach- 
verständiger Seite sind gegen diese Regelung erhebliche Bedenken er- 
hoben worden; denn sie gewährt in der Tat nicht eine solche Sicherheit 
gegen die Ausbreitung der Krankheit, als sie durch das verständnisvolle 
Zusammenwirken des beamteten und des behandelnden Arztes gewähr- 
leistet würde. Indessen darf man hoffen, daß diese Bedenken an Be- 
rechtigung verlieren, je mehr sich in der Bevölkerung die Überzeugung 
Bahn bricht, daß kranke Kinder nirgends besser aufgehoben sind als 
im Krankenhause, wo ihnen jederzeit sachgemäbe Pflege zuteil wird, 
und im Notfalle sofort ärztliche Hilfe gewährt werden kann. 
Die Überführung kranker Personen darf übrigens nach dem Ge- 
setz nur in ein „geeignetes“ Krankenhaus geschehen. — Als ge- 
eignet zur Aufnahme von Kranken mit einer übertragbaren Krank- 
heit sind nur solche Krankenhäuser zu verstehen, in denen eine 
derartige Absonderung kranker Personen durchführbar ist, „daß der 
Kranke mit anderen als den zu seiner Pflege bestimmten Personen, 
dem Arzte oder dem Seelsorger nicht in Berührung kommt und eine 
Verbreitung der Krankheit tunlichst ausgeschlossen ist“, 
Die Überzeugung, daß zur Verhütung der Verbreitung übertrag- 
barer Krankheiten die Überführung des Kranken in ein Krankenhaus 
nicht genügt, sondern daß auch im Krankenhause eine Absonderung 
des Kranken unerläßlich ist, hat sich selbst unter den Ärzten erst in 
neuerer Zeit Bahn gebrochen. In früheren Jahren pflegte man in den 
Krankenhäusern, abgesehen von Aussatz-, Cholera-, Pest- und 
Pockenkranken, die von jeher abgesondert wurden, Kranke jeder 
Art ohne Bedenken nebeneinander zu legen. Die traurigen Erfahrungen 
der Kriegslazarette und der chirurgischen Kliniken führten zur Ab- 
sonderung von Kranken mit Wundrose und Hospitalbrand. 
Semmelweiß lehrte die Notwendigkeit der Absonderung von Wöch- 
nerinnen mit Puerperalfieber. Auch zur Herrichtung besonderer 
Räume für Kranke mit hitzigen Ausschlagskrankheiten — Fleck- 
fieber, Masern, Röteln, Scharlach — und mit Diphtherie ver- 
stand man sich allmählich. Daß aber allen Infektionskranken, z. B. auch 
denen mit Genickstarre, Körnerkrankheit, Lungentuber- 
kulose, Ruhr, Typhus usw., besondere Räume zugewiesen werden 
müssen, will auch heute noch nicht allen Ärzten erforderlich erscheinen. 
Und doch sprechen die zahlreichen Fälle, in denen Personen vom 
Ärzte- und Wärterpersonal oder Kranke, die wegen einer anderen 
Krankheit das Krankenhaus aufgesucht haben, sich in diesem mit 
einer Infektionskrankheit anstecken, eine beredte Sprache. Derartige 
Ereignisse stellen schwere Anklagen gegen die Krankenhausverwaltung
	        
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