— 119 —
Dies hat bei Tage durch eine gelbe Tafel mit dem Namen der betreffenden
Krankheit, bei Nacht durch eine gelbe Laterne zu geschehen, welche an einer
in die Augen fallenden Stelle anzubringen sind.
Ungeachtet der Schwierigkeiten, mit welchen die erfolgreiche Durch-
führung unter Umständen, z. B. in Großstädten, verbunden sein mag, wird
doch geeignetenfalls von dieser Maßnahme namentlich in Ortschaften mit
dicht zusammenwohnender Bevölkerung, z. B. in Industriegebieten, Gebrauch
gemacht werden müssen.
Um die Absonderung des Kranken mit Sicherheit durchführen zu
können, ist es unter allen Umständen geboten, von dem Hause, in
welchem er sich befindet, jeden unnötigen Verkehr fernzuhalten. Gerade
durch Krankenbesuche werden übertragbare Krankheiten außerordent-
lich häufig verbreitet. Verfolgt man den Gang besonders von Kinder-
krankheiten (Diphtherie, Masern, Scharlach usw.) genauer, so kann man
förmliche Ketten von Übertragungen konstruieren, die von einem Hause
in andere führen und meist durch Krankenbesuche vermittelt worden
sind. Um einen solchen unerwünschten Verkehr tunlichst einzu-
schränken, verleiht $ 14 Abs. 4 R.G. der Polizeibehörde das Recht,
Wohnungen oder Häuser, in welchen erkrankte Personen sich be-
finden, kenntlich zu machen. Diese Maßregel ist nicht nur für die
Krankheiten des Reichsgesetzes, sondern nach dem preußischen Gesetz
auch für Rückfallfieber und Typhus zulässig. Nach den all-
gemeinen Ausführungsbestimmungen zu $ 8 dieses Gesetzes (Ziff. 3, IV,
Abs. 2) hat die Kennzeichnung bei Tage durch eine gelbe Tafel
mit dem Namen der betreffenden Krankheit, nachts durch eine gelbe
Laterne zu geschehen, welche an einer in die Augen fallenden
Stelle anzubringen sind.
Bei der großen Übertragbarkeit von Diphtherie, Genickstarre und
Scharlach wäre es erwünscht, daß die Maßregel nach dem Gesetz auf
diese Krankheiten anwendbar wäre. Es wird Aufgabe der Ärzte und
Lehrer sein, ihren Einfluß auf die Eltern und Kinder dahin geltend
zu machen, daß diese von Krankenbesuchen in verwandten und be-
freundeten Familien grundsätzlich zurückgehalten werden.
Man hat die Wirksamkeit dieser Mafßregel vielfach bezweifelt,
indem man darauf hinwies, dab auch das Ungewöhnliche in kurzer
Zeit seinen Schrecken verliert, und daß weite Kreise der Bevölkerung
es sıch gegenseitig nie verzeihen würden, wenn sie es unterlassen
würden, ihre kranken Verwandten und Freunde zu besuchen. Auch
hat man auf die Häuser in großen Städten hingewiesen, von denen
manche ebenso viele Einwohner haben wie eine kleine Stadt, und
gefragt, an welcher Stelle eines solchen Hauses die gelbe Tafel an-
gebracht werden sollte.
Die allgemeinen Ausführungsbestimmungen zum P.G. erkennen
diese Schwierigkeiten selbst an, heben aber mit Recht hervor, daß
doch unter geeigneten Verhältnissen, z. B. in dichtbevölkerten In-
dustriegebieten, von dieser Maßregel Gebrauch zu machen ist,