Full text: Die gesetzlichen Grundlagen der Seuchenbekämpfung im Deutschen Reiche unter besonderer Berücksichtigung Preußens.

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übertragung vermitteln können. Schon seit lange hat man von gift- 
fangenden Waren gesprochen, deren Bedeutung allerdings in früheren 
Zeiten erheblich überschätzt worden ist. Die Beobachtung, daß sich 
namentlich die Pest durch den Schiffsverkehr verbreitet, lenkte den 
Verdacht auf die Waren hin, während wir jetzt wissen, daß hierbei 
viel weniger die Waren selbst, als die zwischen ihnen im Schiff 
sitzenden Ratten eine Rolle spielen. Der ganze Ausdruck „giftfangend* 
ıst nach unseren jetzigen Anschauungen veraltet und rührt noch aus 
den Zeiten her, als man sich unter den Krankheitsgiften wesenlose 
Miasmen vorstellte, welche sich in der Umgebung des Kranken ent- 
wickelten, in die Luft übergingen und mit dieser eingeatmet würden. 
Seit wir wissen, daß die bis jetzt entdeckten Krankheitserreger wohl. 
charakterisierte Tierchen oder Pflänzchen sind, welche zum Teil mit 
den Ausscheidungen des Kranken an die Oberfläche gelangen, werden 
wir Waren nur insoweit als gefährlich ansehen dürfen, als sie mit 
den Absonderungen des Kranken nachweislich in Berührung gekommen 
sind. Hierdurch schränkt sich die durch den Warenverkehr bedingte 
Gefahr ganz außerordentlich ein. 
Unter den Gegenständen, welche nach Benutzung durch einen 
Kranken in den Verkehr gebracht werden können, kommen in erster 
Linie getragene Wäsche-undKleidungsstücke in Betracht, welche 
nicht durch Reinigung und Desinfektion von den ihnen etwa noch 
anhaftenden Krankheitskeimen befreit worden sind. Bekannt ist die 
im Winter 1878/79 erfolgte Einschleppung der Pest nach der Kosaken- 
stanitza Wetljanka an der Wolga durch 'Beutestücke, welche die 
Kosaken vom russisch-türkischen Kriegsschauplatze heimgesandt hatten, 
bekannt die Verschleppung der Oholera nach Nordamerika im Jahre 
1848 durch schmutzige Wäsche, welche dorthin von Europa gesandt 
worden war; bekannt sind ferner die Übertragungen von Scharlach 
und Tuberkulose durch Kleidungsstücke, welche von Kranken her- 
rühren. Ähnliche Erfahrungen finden sich in der Literatur über Krank- 
heitsübertragungen bei Fleekfieber, Pocken und Typhus ver- 
zeichnet; sicher kommt auch bei Diphtherie und Masern Ähnliches 
nicht selten in Betracht. 
Außer Wäsche und Kleidungsstücken sind Lumpen gefährlich, 
weil sich unter ihnen häufig Wäschefetzen, zerlumpte Kleider u. dgl. von 
erkrankten Personen finden, an welchen noch Krankheitskeime haften. 
So gefährlich diese Dinge sind, so verkehrt wäre es, frisch an- 
gefertigte oder eben gereinigte Wäsche, neue Kleider und die aus 
Tuchfabriken herrührenden Abfälle, welche,auch als Lumpen bezeichnet 
werden, als Quellen einer Krankheitsübertragung zu betrachten. 
Neben der Wäsche und den Kleidern sind auch die Betten 
und die Gebrauchsgegenstände erkrankter Personen gefährlich. 
Althandlungen, ın welchen gebrauchte Betten und Möbel verkauft
	        
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