Full text: Die gesetzlichen Grundlagen der Seuchenbekämpfung im Deutschen Reiche unter besonderer Berücksichtigung Preußens.

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Viel wichtiger als Handelswaren sind, wie schon weiter oben 
ausgeführt wurde, die Menschen für die Verbreitung der übertrag- 
baren Krankheiten. Welche Rolle namentlich der Pilgerverkehr für 
die Ausbreitung der Öholera und der Pest spielt, wurde bereits her- 
vorgehoben. Auch die Verbreitung von Fleckfieber, Pocken und 
Typhus wird durch den Verkehr außerordentlich begünstigt. Aus 
diesem Grunde enthält schon $ 13 des Regulativs von 1835 die Be- 
stimmung, daß während des Vorhandenseins lebensgefährlicher an- 
steckender Epidemien an einem Orte die Polizeibehörden alle unge- 
wöhnlichen Anhäufungen von Menschen auf einem Raume zu ver- 
hüten haben. Es heißt dann weiter: „Breitet sich die Krankheit sehr 
aus, so können sie nach Umständen auch die Schließung der öffent- 
lichen Vergnügungs- und anderer Versammlungsorte, mit Ausschluß 
der Kirchen, ingleichen die Aufhebung der Wochenmärkte anordnen 
oder geeignete Modifikationen behufs der Verminderung der Gefahr der 
Ansteckung vorschreiben. Jahrmärkte können nur auf Veranlassung 
des Oberpräsidenten der Provinz, Messen nur durch Verfügung der 
betreffenden Ministerien aufgehoben werden.“ 
Durch $ 15 Ziff. 3 R.G. erhalten die Landesbehörden die Be- 
fugnis, die Abhaltung von Märkten, Messen und anderen Veranstal- 
tungen, welche eine Ansammlung größerer Menschenmassen mit sich 
bringen, für Ortschaften und Bezirke, welche von einer gemeingefähr- 
lichen Krankheit befallen oder bedroht sind, zu verbieten oder 
zu beschränken. 
Durch das preußische Gesetz wird diese Bestimmung auf Rück- 
fallfieber, Ruhr und Typhus ausgedehnt, jedoch wiederum mit zwei 
Einschränkungen. Erstens darf diese Anordnung erst getroffen wer- 
den für Ortschaften und Bezirke, welche von Rückfallfieber, Ruhr oder 
Typhus bereits befallen sind, und nicht nur das, sondern erst, 
sobald die Krankheit einen epidemischen Öharakter angenommen hat. 
Und um die Anwendung dieser Vorschrift noch mehr einzuengen, 
wird in den allgemeinen Ausführungsbestimmungen zum preußischen 
Gesetz Ziff. 3, VII, Abs. 2 zu $ 8 noch ausdrücklich vorgeschrieben : 
„Vor Erlaß derartiger Anordnungen ist sorgfältig zu prüfen, ob die 
Größe der abzuwendenden Gefahr mit den damit verbundenen wirt- 
schaftlichen Nachteilen für die Bevölkerung in einem entsprechenden 
Verhältnisse steht.“ 
Die unterschiedliche Behandlung der vorgenannten drei Krankheiten 
von den „gemeingefährlichen“ Krankheiten des Reichsgesetzes hat eine 
gewisse Berechtigung, wenigstens hinsichtlich Ruhr und Typhus. Wollte 
man Märkte, Messen und andere Veranstaltungen, welche eine Ansamm- 
lung größerer Menschenmengen mit sich bringen, erst dann verbieten 
oder beschränken, wenn die Cholera, das Fleckfieber, die Pest oder die 
Pocken bereits an dem betreffenden Orte aufgetreten sind oder sich gar 
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