— 132 —
epidemisch verbreitet haben, so käme diese Maßregel zweifellos zu spät,
während das meist mildere Verhalten der Ruhr und des Typhus eine
solche Aufschiebung der getroffenen Anordnung durchaus als zulässig
erscheinen läßt. Zweifelhaft ist es beim Rückfallieber. Hier kann
die mildere Behandlung unter Umständen gefährlich werden. Diese
Krankheit sollte daher ebenso behandelt werden können wie Fleckfieber.
Bekanntlich kommen zu Märkten und namentlich zu Messen zahlreiche
Menschen von auswärts, die infolge der Überfüllung der Stadt oder
mit Rücksicht auf ihre beschränkten Mittel genötigt sind, sich in
Herbergen, Pennen u. dgl. dicht zusammenzudrängen und, wenn sich
unter ihren Herbergsgenossen ein Erkrankter befindet, einer großen
Gefahr der Ansteckung unterliegen. Bei der Verbreitung der Cholera
und Pest hat die große Messe von Nischninowgorod schon wiederholt
eine traurige Rolle gespielt. Auch die Entstehung von Pocken-
epidemien wird durch derartige Menschenansammlungen in hohem
Grade begünstigt. Dasselbe gilt vom Fleckfieber, sowie vom Rück-
fallieber. Beide Krankheiten werden vermutlich in derselben Weise
verbreitet, bei beiden scheinen Insekten, welche das Blut des Kranken
saugen und dann die Krankheitskeime beim Stich auf Gesunde über-
tragen, eine Rolle zu spielen. Überall, wo das Rückfallfieber auf-
getreten ist, hat es sich zuerst in niederen Herbergen und Gastwirt-
schaften angesiedelt. Zu Zeiten von Rückfallfiebergefahr bedürfen
derartige Unterkünfte also ganz besonderer Überwachung.
Va. Beschränkung des Schiffahrts- und
Flößereiverkehrs.
S 15, Ziff. 4 u. 5 R.G. Die Landesbehörden sind befugt, für Ort-
schaften und Bezirke, welche von einer gemeingefährlichen
Krankheit befallen oder bedroht sind,
4, die in der Schiffahrt, der Flößerei oder sonstigen Transport-
betrieben beschäftigten Personen einer gesundheitspolizei-
lichen Überwachung zu unterwerfen und kranke, krankheits-
oder ansteckungsverdächtige Personen sowie Gegenstände,
von denen anzunehmen ist, daß sie mit dem Krankheits-
stoffe behaftet sind, von der Beförderung auszuschließen,
5. den Schiffahrts- und Flößereiverkehr auf bestimmte Tages-
zeiten zu beschränken.
$ 32. In den von der Cholera befallenen oder bedrohten Bezirken können die
in der Schiffahrt oder der Flößerei beschäftigten Personen einer gesundheits-
olizeilichen Überwachung unterworfen werden. Die Überwachung ist nach
den in der Anlage 9 enthaltenen Grundsätzen einzurichten.