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Bundesstaaten muß dieser Standpunkt um so mehr als richtig bezeichnet
werden, als es zweifellos zur Steigerung des Eifers und Interesses
der beteiligten Stellen in den einzelnen Bundesstaaten beiträgt, wenn
sie, soweit dies ohne Beeinträchtigung des Reichsgedankens zulässig
ist, im Besitz der Initiative bleiben.
Die überwiegende Mehrzahl der Bundesstaaten hat jedoch bis
jetzt von dem Recht zur landesgesetzlichen Regelung der Seuchen-
gesetzgebung keinen Gebrauch gemacht, sondern sich entweder auf
die Ausführung des Reichsgesetzes beschränkt oder außerdem nur noch
die Anzeigepflicht neu geregelt. Nur Preußen und Braunschweig
sind bis jetzt zu dem Erlaß eines umfassenden Seuchengesetzes ge-
schritten.
In Preußen waren hierfür folgende Erwägungen maßgebend.
Die Bestimmungen des Regulativs vom 8. August 1835 waren
ja nicht nur in Bezug auf Cholera, Fleckfieber und Pocken
veraltet — Aussatz, Gelbfieber und Pest sind in dem Regu-
lativ nicht erwähnt — sondern auch, soweit sie sich auf die übrigen,
im RBReichsgesetz nicht behandelten übertragbaren Krankheiten be-
ziehen. Eine Regelung der auf diese Krankheiten bezüglichen Be-
stimmungen erschien aber um so dringlicher, als im Regulativ mehrere
überaus wichtige Krankheiten, z. B. Diphtherie, Genickstarre,
Kindbettfieber, gar nicht erwähnt sind, jedes polizeiliche Ein-
schreiten gegen sie also der gesetzlichen Unterlage entbehrt. Es
kam hinzu, daß das Regulativ nur in denjenigen Teilen Preußens
Gültigkeit hatte, welche vor 1866 den Staat zusammengesetzt hatten,
während in den in dem Jahre hinzugetretenen Landesteilen andere
Bestimmungen in Kraft waren. ‚Daraus ergaben sich Schwierigkeiten,
welche allmählich unerträglich geworden waren.
So entschloß man sich denn zu einer vollständigen Neuregelung
der Seuchengesetzgebung und zur Aufhebung des Regulativs von
1835.
Es bedurfte fast drei Jahre, um den bereits im Jahre 1902 fertig-
gestellten Entwurf in der parlamentarischen Beratung so weit zu fördern,
dab er Gesetzeskraft erhalten konnte, was am 28. August 1905 ge-
schah. Das Gesetz, zu dem unter dem 7. Oktober 1905 vorläufige
Ausführungsbestimmungen erlassen wurden, trat am 20. Oktober 1905
in Kraft. Durch die Anweisungen des Medizinalministers für die BDe-
kämpfung der Diphtherie, der übertragbaren Genickstarre,
des Kindbettfiebers, der Körnerkrankheit, der Ruhr, des
Scharlachs, des Typhus, des Milzbrandes und des Rotzes
vom 10. August 1906 und durch die Allgemeinen Ausführungs-
bestimmungen vom 15. September 1906 ist die Durchführung des
Gesetzes wesentlich erleichtert und durch den Erlaß der Anweisung
zur Verhütung der Verbreitung übertragbarer Krank-