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($ 16 des Reichsgesetzes). Dies hat tunlichst auch bei Erkrankungen an
übertragbarer Genickstarre zu geschehen.
Auch ist darauf hinzuwirken, daß der Verkehr dieser Personen mit anderen
Kindern, insbesondere auf öffentlichen Straßen und Plätzen, möglichst ein-
geschränkt wird.
Von jeder Fernhaltung einer Person von dem Schul- und Unterrichtsbesuche
hat die Polizeibehörde dem Vorsteher der Schule (Direktor, Rektor, Haupt-
lehrer, ersten Lehrer, Vorsteherin usw.) unverzüglich Mitteilung zu machen.
Diese Bestimmungen finden auch auf Erziehungsanstalten, Kinderbewahr-
anstalten, Spielschulen, Warteschulen, Kindergärten, Krippen u. dgl. An-
wendung.
Bei der Verbreitung der übertragbaren Krankheiten spielt die
Schule eine wesentliche Rolle, weil ın ihr die Kinder aus den ver-
schiedensten Familien der Ortschaft zusammenströmen und bei ihrer
großen Empfänglichkeit für Ansteckungen aller Art reichliche Ge-
legenheit haben, Krankheitskeime aus einer Familie in die andere zu
übermitteln. Wegen der großen Empfänglichkeit der Jugend wird ja
eine Anzahl von Krankheiten geradezu als Kinderkrankheiten be-
zeichnet. Dahin gehören vor allem Diphtherie, Keuchhusten,
Masern, Röteln und Scharlach. Wir wissen aber nach den
neueren Untersuchungen, namentlich von R. Koch, daß auch die
Malaria und der Typhus ganz besonders das Kindesalter gefährden,
und daß die verhältnismäßige Unempfänglichkeit der späteren Lebens-
alter hauptsächlich darauf beruht, daß die meisten Menschen schon in
ihrer Jugend mit den Krankheitsgiften durchseucht und dadurch gegen
eine spätere Erkrankung immunisiert sind. Das genauere Studium der
übertragbaren Genickstarre während der großen Epidemie des
Jahres 1905 hat auch diese heimtückische Krankheit als eine Kinder-
krankheit kennen gelehrt.
Das Regulativ vom 8 Aug. 1855 hatte auch die Verhütung
der Übertragung ansteckender Krankheiten durch die Schule in den
Bereich seiner Regelung gezogen und über die Schließung von Schulen,
über die Ausschließung erkrankter Kinder aus denselben und über die
Ausschließung gesunder Kinder aus Familien, in welchen eine be-
sonders Kinder gefährdende ansteckende Krankheit herrscht, eingehende
Bestimmungen getroffen.
Das Reichsgesetz, betreffend die Bekämpfung gemeingefähr-
licher Krankheiten, vom 30. Juni 1900 nimmt jedoch, wie in der
Begründung zu $ 16 eingehend dargelegt ist, bezüglich der Schulen
einen vom Regulativ abweichenden Standpunkt ein. Es wird aus-
drücklich erklärt, daß die beim Auftreten einer gemeingefährlichen
Krankheit hinsichtlich der Schulen und Unterrichtsanstalten zu treffenden
Anordnungen zu den Aufgaben der Schulverwaltung gehören und in
dem Entwurf daher nicht Berücksichtigung gefunden haben. Eine
Mitwirkung der Polizeibehörde wird nur insoweit als zweckmäßig er-
achtet, als es sich darum handelt, Kinder aus Behausungen, in welchen