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viel zur Einschränkung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten
beitragen.
Um die Polizeibehörde in den Stand zu setzen, erforderlichenfalls
die Fernhaltung jugendlicher Personen vom Unterricht anordnen zu
können, ist in den Kartenbriefen für die Meldung übertragbarer
Krankheiten ausdrücklich die Frage gestellt, ob in der Familie des
Erkrankten schulpflichtige Kinder sind, und welche Schule sie be-
suchen. Um der Anordnung Nachdruck zu verleihen, ist in den all-
gemeinen Ausführungsbestimmungen in Ziff. 3, VIIL Abs. 3 zu$S der
Polizeibehörde die Pflicht auferlegt, von jeder Fernhaltung einer Person
von dem Schul- und Unterrichtsbesuche dem Vorsteher der Schule
unverzüglich, d.h. binnen 24 Stunden Mitteilung zu machen.
Daß es sich bei dem Schulbesuche nicht nur um öffentliche und
diesen gleichstehende Privatschulen handelt, ist in Abs. 4 näher er-
läutert, in welchem ausdrücklich bestimmt wird, daß diese Bestim-
mungen auch auf Erziehungsanstalten, Kinderbewahranstalten, Spiel-
schulen, Warteschulen, Kindergärten, Krippen u. dgl. Anwendung zu
finden haben. Daß hierbei auch Koch- und Haushaltungsschulen,
Fortbildungsschulen, Nähkurse, vor allem auch der Konfirmanden-
unterricht in Betracht kommen, darf als selbstverständlich angesehen
werden.
Weder im Gesetz noch in den allgemeinen Ausführungsbestim-
mungen ist ausdrücklich eine Zeitdauer angegeben, für welche die
Ausschließung vom Unterrichte zulässig sein soll. In dem Erlaß des
K.ultusministers und des Ministers des Innern vom 14. Juli 1884 ist
die Festsetzung einer solchen Zeit versucht worden, indem gesagt
wird: „Als normale Krankheitsdauer gelten bei Scharlach und Pocken
6 Wochen, bei Masern und Röteln 4 Wochen.“ Es ist jedoch außer-
ordentlich schwierig, derartige normale Krankheitsdauern für die ein-
zelnen übertragbaren Krankheiten allgemein festzusetzen, da die einzelnen
Fälle sehr verschiedenartig verlaufen, und manche Kranke noch an-
steckungsfähig sind, wenn eine solche künstlich festgesetzte Krank-
heitsdauer längst abgelaufen ist. Mit Rücksicht hierauf wird in den
allgemeinen Ausführungsbestimmungen nur ganz allgemein bestimmt,
daß die Fernhaltung vom Schul- und Unterrichtsbesuche erfolgen soll,
soweit und solange eine Weiterverbreitung der Krankheit aus der be-
treffenden Behausung zu befürchten ist. Um auf Grund dieser all-
gemein gehaltenen Vorschrift in der Praxis eine zweckmäßige Ent-
scheidung treffen zu können, muß man sich dessen entsinnen, was die
Ausführungsbestimmungen in Ziff. 2 zu $ 8 über die Aufhebung der
getroffenen Anordnungen sagen. Dort heißt es, daß die getroffenen
Anordnungen bezüglich der kranken Personen erst nach erfolgter Ge-
nesung, nach Überführung in das Krankenhaus oder nach dem Ab-
leben des Kranken, in allen Fällen jedoch nur dann aufzuheben sind,