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licher Weise eingenistet hat und noch Woche für Woche Tausende
von Menschen dahinrafft, ist nur durch die beispiellos schlechten
Wohnungsverhältnisse dieser Großstadt zu erklären.
So wenig man unter Umständen auf diese Maßregel verzichten
kann, so notwendig ist es jedoch, daß Polizeibehörde und beamteter
Arzt sich in jedem Falle die ernsteste Frage vorlegen, ob diese Maß-
regel auch wirklich nötig ist. Denn sie ist nicht nur mit einem er-
heblichen Eingriff in die Privatverhältnisse der Betroffenen, sondern
auch mit bedeutenden Kosten verbunden, weil nach dem Reichsgesetz
den betroffenen Bewohnern anderweit geeignete Unterkunft unentgelt-
lich zu bieten ist. Mit Rücksicht hierauf wird in den allgemeinen
Ausführungsbestimmungen in Ziff. 3, X, Abs. 2 die Durchführung der
Maßregel nur ausnahmsweise in Fällen dringendster Not für zulässig
erklärt. Hier haben Polizeibehörde und beamteter Arzt ganz besonders
Gelegenheit, zu zeigen, ob sie es verstehen, „einerseits nichts zu unter-
lassen, was zur Verhütung der Verbreitung der Krankheit notwendig
ist, andererseits aber Sorge dafür zu tragen, daß nicht durch An-
wendung einer nach Lage des Falles zu weitgehenden Maßregel un-
nötig in die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Be-
völkerung eingegriffen wird oder vermeidbare Kosten entstehen“
(allgemeine Ausführungsbestimmungen, Ziff. 1 Abs. 3 zu $ 8).
IX. Desinfektion.
S 19 R.G. Für Gegenstände und Räume, von denen anzunehmen
ist, daß sie mit dem Krankheitsstoffe behaftet sind, kann eine
Desinfektion angeordnet werden.
Für Reisegepäck und Handelswaren ist bei Aussatz, Cholera
und Gelbfieber die Anordnung der Desinfektion nur dann zu-
lässig, wenn die Annahme, daß die Gegenstände mit dem
Krankheitsstoffe behaftet sind, durch besondere Umstände
begründet ist.
Ist die Desinfektion nicht ausführbar oder im Verhältnisse
zum Werte der Gegenstände zu kostspielig, so kann die Ver-
nichtung angeordnet werden.
A.A.zuS8P.G. 3. Xl. Für Gegenstände und Räume, von denen anzunehmen ist,
daß sie mit dem Krankheitsstoffe behaftet sind, kann eine Desinfektion
angeordnet werden. Ist die Desinfektion nicht ausführbar oder im Verhält-
nis zum Werte der Gegenstände zu kostspielig, so kann die Vernichtung
angeordnet werden ($ 19 Abs. 1 und 3 des Reichsgesetzes).
Für die Ausführung der Desinfektion ist die anliegende Desinfektions-
anweisung (Anlage 5) maßgebend.
Es empfiehlt sich, in Gemeinden und weiteren Kommunalverbänden, welche
das Desinfektionswesen regeln, im Benehmen mit dem beamteten Arzte