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sich schließt, durch entsprechende, gegen den Menschen selbst gerichtete
Maßregeln einschränkt.
& 15 Abs. 3 R.G. trifft die Anordnung, daß Gegenstände, deren
Desinfektion nicht ausführbar oder im Verhältnis, zu ihrem Werte zu
kostspielig ist, vernichtet werden können. Diese Bestimmung bedarf
einer besonderen Erläuterung.
Zunächst ist zu fragen, bei welchen Gegenständen die Desinfektion
nicht ausführbar ist. Hier kommen Handelswaren in Betracht. Kommen
z. DB. aus einem pestverdächtigen Hafen auf einem Schiffe, auf welchem
Pestratten gefunden worden sind, größere Massen von lose geschüttetem
Getreide, Mais, Mehl u. dgl. an, so muß befürchtet werden, daß diese:
Waren mit dem Kot der an Pest erkrankten Ratten beschmutzt und
daher zur Übertragung der Krankheit geeignet sind. Eine Desinfektion
dieser Waren durch strömenden Wasserdampf oder durch chemische
Desinfektionsmittel würde sie gänzlich unbrauchbar machen und mit
der Vernichtung gleichbedeutend sein. Die Desinfektion ist also nicht
ausführbar. Man hat in der Tat in einigen Häfen aus diesem Grunde:
ganze Ladungen von Mais verbrannt. Glücklicherweise ist diese mit
enormen Kosten verbundene Mafßregel überflüssig, und es gelingt, die mit
diesen Waren verbundenen Gefahren in einfacherer Weise zu beseitigen.
Es ist das Verdienst des früheren Hafenarztes, jetzigen Medizinalrates
Prof. Dr. Nocht in Hamburg, den Nachweis geführt zu haben, daß.
man hier viel einfacher zum Ziele kommt. Nach seinen Vorschriften
wird jetzt in Hamburg und auch in den preußischen Häfen folgender-
maßen verfahren: Waren in Säcken von pestverdächtigen Schiffen
werden vorsichtig ausgeladen und äußerlich auf Rattenfraß untersucht.
Säcke, welche keinerlei Spuren von Rattenfraß zeigen, werden in den
Speicher gebracht und dort gelagert; diejenigen dagegen, an welchen
sich Spuren von Rattenfraß finden, werden umgesackt und verbrannt..
Loses Getreide wird vorsichtig durchgesiebt, Rattenkadaver und Ratten-
kot daraus beseitigt und das Getreide dann gelagert. Die Lagerung
findet in der Weise statt, daß die verdächtigen Handelswaren in einem
großen Speicher innerhalb einer rattendichten Umfriedigung so ge-
schichtet werden, daß die Luft von allen Seiten freien Zutritt hat.
Es hat sich herausgestellt, daß etwaige an den Waren haftende Pest-
bakterien in längstens 14 Tagen zu Grunde gehen.
Handelswaren können auch bei Fleckfieber und Pocken eine:
Rolle spielen. Dies gilt namentlich von Lumpen, Bettfedern und Roß-
haaren. Übertragungen von Pocken sollen mehrfach in Silospeichern und
Gerbereien vorgekommen sein; indessen ist noch nicht mit Sicherheit
nachgewiesen, daß hierbei die Übertragung durch die Waren und nicht
durch die Menschen stattgefunden hat. Letzteres ist wahrscheinlicher.
Die Verbreitung von Gelbfieber und Rückfallfieber durch.
Handelswaren muß wohl als ausgeschlossen erachtet werden.