Full text: Die gesetzlichen Grundlagen der Seuchenbekämpfung im Deutschen Reiche unter besonderer Berücksichtigung Preußens.

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Abgesehen von Handelswaren gibt es wohl kaum irgend welche 
Gegenstände, deren Desinfektion nicht ausführbar sein sollte. Man 
hat bei der Abfassung dieser Bestimmung z. B. an wertvolle Kunst- 
gegenstände, Ölgemälde u. dgl. gedacht, welche unter Umständen durch 
die Desinfektion so leiden können, daß sie ihren Wert zum größten 
Teil verlieren. Niemand wird jedoch daran denken, diese Gegenstände 
etwa vernichten zu lassen, weil ihre Desinfektion nicht ausführbar ist. 
Man wird vielmehr einfach auf die Desinfektion verzichten, wenn 
nicht der sichere Nachweis geführt werden kann, daß diese Gegen- 
stände wirklich mit Krankheitskeimen beschmutzt worden sind, und in 
diesem Falle wird ein mit der Anwendung der Desinfektionsmittel 
wirklich vertrauter Sachverständiger für jeden derartigen Gegenstand 
eine Methode angeben können, deren Anwendung den betreffenden 
Gegenstand nicht schädigt. 
Man wird sich daher auf die Vernichtung solcher Gegenstände 
beschränken, deren Desinfektion im Verhältnis zu ihrem Werte zu 
kostspielig ist. Als solche sind zu nennen: Strohsäcke mit Inhalt, 
abgetragene Kleidungs- und Wäschestücke, Verband- 
stoffe, Wischlappen, wertlose Bücher, zerbrochenes Spiel- 
zeug usw. Jedoch wird man auch in dieser Beziehung das Des- 
infektionspersonal zu einer gewissen Zurückhaltung erziehen müssen. 
Mir ist ein Fall bekannt, in welchem ein beamteter Arzt die 
Verbrennung der sämtlichen Kleider, der reinen, eben gewaschenen 
Wäsche eines an Pest Verstorbenen anordnete, weil er, wie er sagte, 
an die Wirksamkeit der Desinfektion nicht glaubte. Ein derartiges 
Vorgehen ist vollständig ungesetzlich. Denn abgesehen davon, daß die 
Desinfektion der Gegenstände ausführbar war, war sie vielleicht nicht 
einmal nötig, weil nicht der Nachweis erbracht war, daß sie mit 
Krankheitskeimen in Berührung gekommen waren; wenn sie das aber 
waren, so war ihre Vernichtung unzulässig, weil die Gegenstände einen 
erheblichen Wert darstellten. Je schonender man in dieser Beziehung 
vorgeht, je mehr man auf die Verhältnisse des Kranken und seiner 
Angehörigen Rücksicht nimmt, um so mehr Verständnis und Entgegen- 
kommen wird man begegnen bei der Durchführung derjenigen Maß- 
regeln, welche auch der Nicht-Sachverständige als unerläßlich aner- 
kennen muß. Wenn man aber bei der Durchführung der Desinfektion 
Mafßregeln trifft, die den Charakter des Vandalismus an sich tragen, 
so wird man auf berechtigten Widerstand bei der Bevölkerung stoben. 
In den allg. Ausführungsbest. zu $ 8 P.G. wird in Zifl. 3, XI, 
Abs. 3 empfohlen, daß in Gemeinden und weiteren Kommunalverbänden, 
welche das Desinfektionswesen regeln, im Benehmen mit dem beamteten 
Arzte Desinfektionsordnungen erlassen werden. 
Hierzu ist zu bemerken: Ohne solche Regelung des Desinfektions- 
wesens ist die Durchführung der erforderlichen Desinfektionen nicht
	        
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