Full text: Die gesetzlichen Grundlagen der Seuchenbekämpfung im Deutschen Reiche unter besonderer Berücksichtigung Preußens.

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können. Auch kann ein Ersatz der durch die Desinfektion selbst ent- 
standenen Kosten unter gewissen Voraussetzungen beantragt werden. 
Allerdings werden in der Mehrzahl der Gemeinden, welche zur 
Regelung des Desinfektionswesens übergegangen sind, für die Aus- 
führung der Desinfektion Gebühren erhoben, um die nicht unerheb- 
lichen Kosten, welche die Aufrechterhaltung der Desinfektionseinrich- 
tungen verursacht, wenigstens teilweise zu decken. Dies ist jedoch 
bedauerlich, weil dadurch die schon an sich bei der Bevölkerung un- 
beliebte Desinfektion noch weiter an Popularität einbüßt. Ein großer 
Teil der Bevölkerung sieht die Notwendigkeit der Desinfektion nicht 
ein und betrachtet diese Maßregel, welche gegen seinen Willen statt- 
findet, und bei deren Durchführung mit seinem Eigentum in einer 
ihm durchaus unerwünschten Weise verfahren wird, als eine erheb- 
liche Belästigung, die er um so schwerer empfindet, wenn er auch 
noch dafür bezahlen soll. Bei Unbemittelten wird nach dem Armen- 
recht die Tragung der Kosten der Gemeinde zufallen. Es wäre aber: 
in hohem Grade wünschenswert und würde sicherlich auch nicht mit 
einer übermäßigen Belastung der Kommunalkassen verbunden sein, 
wenn die Durchführung der Desinfektion in der Weise stattfände, daß 
dem einzelnen nur die Kosten der laufenden Desinfektion am Kranken- 
bett auferlegt, dagegen die Kosten der sogenannten Schlußdesinfektion 
auch ohne Antrag auf öffentliche Kassen übernommen würden. Dies 
würde zur Folge haben, daß der jetzt vielfach verbreitete Widerstand in 
der Bevölkerung gegen die Desinfektion, ihre Neigung, Krankheitsfälle, 
bei welchen eine Desinfektion erforderlich ist, zu verheimlichen und 
Gegenstände, welche desinfiziert werden müssen, der Desinfektion zu 
entziehen, sehr bald verschwinden würde. Die Bekämpfung der über- 
tragbaren Krankheiten würde dadurch außerordentlich erleichtert, und 
ihr Erfolg wesentlich gesteigert werden. 
Zur Regelung des Desinfektionswesens gehört ferner die Bereit- 
stellung einer ausreichenden Anzahl von Desinfektionsanstalten 
und Einrichtungen. Eine Desinfektionsanstalt erfordert Räume zur 
Aufstellung eines oder mehrerer Dampfdesinfektionsapparate und zur 
Durchführung von Desinfektionen mit chemischen Desinfektionsmitteln, 
sowie die Anstellung eines ‘oder mehrerer Desinfektoren, auch muß sie 
mit einem oder mehreren Wagen zur Abholung der zu desinfizierenden 
Gegenstände und mit den erforderlichen Einrichtungen zur Wohnungs- 
desinfektion ausgestattet sein. Die Errichtung und Unterhaltung einer 
solchen Anstalt erfordert daher gewisse Kosten, deren Aufbringung: 
in der Regel nur größeren Gemeinwesen möglich ist. Unbedingt not- 
wendig ist die Errichtung einer Desinfektionsanstalt in größeren und 
mittleren Städten, während man kleineren Städten und ländlichen Ort- 
schaften, falls sie nicht sehr wohlhabend sind, eine solche Aufwen- 
dung in der Regel nicht zumuten kann. ‚Für diese Kommunen ein-
	        
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