— 159 —
Dies kann nicht als zweckmäßig erachtet werden. Es hätte nur
Sinn, wenn die Ratten die Pest aus sich selbst erzeugen könnten, was
keineswegs der Fall ist; sie erkranken ja nur, wenn sie mit Pest-
erregern in Berührung kommen, und die Pesterreger sind bei uns
nicht heimisch. Ein Vernichtungskampf gegen die gesunden Ratten
hat daher keinen :Sinn und ist um so weniger zu empfehlen, als
er bei der kolossalen Verbreitung und ungemeinen Fruchtbarkeit
der Ratten auch vollkommen aussichtslos ist. Von der prophylaktischen
Vernichtung der Ratten in allen europäischen Orten muß daher schon
aus Sparsamkeitsrücksichten abgeraten werden. Wohl aber kann ein
solcher Vernichtungskampf in Frage kommen, sobald an einem Orte
Pestfälle vorgekommen sind; dann darf man hoffen, durch eine
möglichst ausgiebige Abtötung der Ratten eine weitere Verbreitung
der Krankheit zu verhüten. Besonders der Aufmerksamkeit bedürftig
sind dann die Lagerspeicher in den Hafenorten, sowie Getreide-
lager, Markthallen, Lebensmittelmagazine, Kloaken usw. Aber
auch hier ist die Durchführung der Rattenvernichtung schwierig.
Am wirksamsten ist noch das Legen von Phosphor, doch gehen die
Ratten schwer an eine solche Nahrung heran, sobald sie ihre Gefähr-
lichkeit gemerkt haben. Katzen haben wenig Neigung, Ratten zu
fressen. Wirksamer sind gewisse Hundearten, namentlich Terrier,
welche den Ratten mit großer Tapferkeit zu Leibe gehen. Die Ver-
suche namentlich von Danysz, durch Auslegung einer von ihm ent-
deckten, für Ratten gefährlichen Bakterienart eine tödliche Epidemie
unter den Ratten zu erzeugen, sind nicht sehr erfolgreich gewesen.
In verschiedenen Orten, z. B. in Kopenhagen und in Australien, hat
man den Kampf gegen Ratten durch Prämien angeregt. In Kopen-
hagen hat man z. B. für jeden eingelieferten Rattenschwanz 5 Öre
gezahlt. Aber diese Maßregel ist sehr schwer durchführbar, weil
sie auf die Dauer kostspielig wird, und weil man die Beobachtung
gemacht hat, daß bei der Einführung solcher Prämien sich Leute finden,
welche sich auf die Züchtung der Ratten verlegen, um sich auf diese
Weise eine bequeme Erwerbsquelle zu verschaffen.
Um nichts Unzweckmäßiges zu machen, wird man sich beim
Auftreten der Pest an einem Orte darauf zu beschränken haben,
nur in nächster Umgebung des Krankheitsherdes, dort aber mit aller
Energie den Kampf gegen die Ratten zu beginnen. Dort kann man
Phosphorlatwerge legen und Terrier zum Abfangen der Ratten unter-
bringen. In der Anweisung des Bundesrats zur Bekämpfung der
Pest wird folgendes geraten: „Es ist namentlich Vorkehrung dafür
zu treffen, daß die Ortspolizeibehörde, sobald an einem Orte unter
den Ratten (insbesondere in Getreidelagern, Lebensmittelmagazınen
u..dgl.) ein auffälliges Sterben aus unbekannter Ursache beobachtet
wird, von diesem Vorkommnis unverzüglich Kenntnis erhält. Einige