Full text: Die gesetzlichen Grundlagen der Seuchenbekämpfung im Deutschen Reiche unter besonderer Berücksichtigung Preußens.

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Dies kann nicht als zweckmäßig erachtet werden. Es hätte nur 
Sinn, wenn die Ratten die Pest aus sich selbst erzeugen könnten, was 
keineswegs der Fall ist; sie erkranken ja nur, wenn sie mit Pest- 
erregern in Berührung kommen, und die Pesterreger sind bei uns 
nicht heimisch. Ein Vernichtungskampf gegen die gesunden Ratten 
hat daher keinen :Sinn und ist um so weniger zu empfehlen, als 
er bei der kolossalen Verbreitung und ungemeinen Fruchtbarkeit 
der Ratten auch vollkommen aussichtslos ist. Von der prophylaktischen 
Vernichtung der Ratten in allen europäischen Orten muß daher schon 
aus Sparsamkeitsrücksichten abgeraten werden. Wohl aber kann ein 
solcher Vernichtungskampf in Frage kommen, sobald an einem Orte 
Pestfälle vorgekommen sind; dann darf man hoffen, durch eine 
möglichst ausgiebige Abtötung der Ratten eine weitere Verbreitung 
der Krankheit zu verhüten. Besonders der Aufmerksamkeit bedürftig 
sind dann die Lagerspeicher in den Hafenorten, sowie Getreide- 
lager, Markthallen, Lebensmittelmagazine, Kloaken usw. Aber 
auch hier ist die Durchführung der Rattenvernichtung schwierig. 
Am wirksamsten ist noch das Legen von Phosphor, doch gehen die 
Ratten schwer an eine solche Nahrung heran, sobald sie ihre Gefähr- 
lichkeit gemerkt haben. Katzen haben wenig Neigung, Ratten zu 
fressen. Wirksamer sind gewisse Hundearten, namentlich Terrier, 
welche den Ratten mit großer Tapferkeit zu Leibe gehen. Die Ver- 
suche namentlich von Danysz, durch Auslegung einer von ihm ent- 
deckten, für Ratten gefährlichen Bakterienart eine tödliche Epidemie 
unter den Ratten zu erzeugen, sind nicht sehr erfolgreich gewesen. 
In verschiedenen Orten, z. B. in Kopenhagen und in Australien, hat 
man den Kampf gegen Ratten durch Prämien angeregt. In Kopen- 
hagen hat man z. B. für jeden eingelieferten Rattenschwanz 5 Öre 
gezahlt. Aber diese Maßregel ist sehr schwer durchführbar, weil 
sie auf die Dauer kostspielig wird, und weil man die Beobachtung 
gemacht hat, daß bei der Einführung solcher Prämien sich Leute finden, 
welche sich auf die Züchtung der Ratten verlegen, um sich auf diese 
Weise eine bequeme Erwerbsquelle zu verschaffen. 
Um nichts Unzweckmäßiges zu machen, wird man sich beim 
Auftreten der Pest an einem Orte darauf zu beschränken haben, 
nur in nächster Umgebung des Krankheitsherdes, dort aber mit aller 
Energie den Kampf gegen die Ratten zu beginnen. Dort kann man 
Phosphorlatwerge legen und Terrier zum Abfangen der Ratten unter- 
bringen. In der Anweisung des Bundesrats zur Bekämpfung der 
Pest wird folgendes geraten: „Es ist namentlich Vorkehrung dafür 
zu treffen, daß die Ortspolizeibehörde, sobald an einem Orte unter 
den Ratten (insbesondere in Getreidelagern, Lebensmittelmagazınen 
u..dgl.) ein auffälliges Sterben aus unbekannter Ursache beobachtet 
wird, von diesem Vorkommnis unverzüglich Kenntnis erhält. Einige
	        
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