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schaftliche Schaden, der durch eine Choleraepidemie verursacht worden
ist, läßt sich schwer feststellen. Einen annähernden Begriff kann man
aus dem von Dr. L. von Halle und Dr. G. Koch herausgegebenen,
auf amtliche Quellen gestützten Bericht „Die Cholera in Hamburg, in
ihren Ursachen und Wirkungen“ sich bilden, wonach für Hamburg
durch die infolge der Cholera eingetretenen Verkehrsstörungen und
die damit in Zusammenhang stehende Verminderung der Ein- und
Ausfuhr die Handelsbilanz einen Rückgang von mehr als 281 Mill. M.
aufgewiesen hat.“ In Preußen, wo man der Seuche nach den Rat-
schlägen von Robert Koch entgegentrat, waren die Zahlen der
Erkrankungen und Todesfälle im Vergleich mit den Opfern, welche
frühere Choleraepidemien gefordert haben, gering; obwohl die Seuche
in mehr als 300 Ortschaften eingeschleppt wurde, erkrankten (starben)
dort nur im Jahre 1892 1508 (866), im Jahre 1893 620 (289), im
Jahre 1894 1009 (478), im ganzen also 3197 (1633) Personen. Im
Jahre 1905 aber unter der Herrschaft des Reichsseuchengesetzes be-
trug die Zahl der Erkrankungen (Todesfälle) an Cholera in ganz
Deutschland nur 218 (88).
Mit der Herbeiführung einer einheitlichen Cholerabekämpfung von
Reichs wegen kann man sich daher nur einverstanden erklären.
2. Die Pest stand im Abendlande während des Mittelalters im
Vordergrunde des Interesses, trat immer und immer wieder in epi-
demischer Verbreitung auf und rafite in den Jahren 1348/49 als
„schwarzer Tod“ Millionen von Menschen dahin. In den folgenden
Jahrhunderten trat sie mehr und mehr zurück, und mit dem Jahre
1841, in welchem sie zuletzt in Constantinopel geherrscht hat, war
sie in Europa nicht mehr aufgetreten. So erklärt es sich, daß sie
in dem preußischen Regulativ vom 8. Aug. 1855 nicht erwähnt wird.
Im letzten Drittel des vorigen Jahrhunderts nahm sie jedoch an Be-
deutung wieder zu, unter dem Einfluß des gesteigerten Schiffsverkehrs
verließ sie ihre indische Heimat wıeder häufiger und bildete ihren
pandemischen Charakter wieder stärker aus. Während des russisch-
türkischen Krieges 1878/79 betrat sie zum ersten Male wieder euro-
päischen Boden und bedroht seitdem fast unausgesetzt die Häfen des
Abendlandes. Seit 1897 hat sie sich in weiten Landstrichen Vorderindiens,
namentlich in der Präsidentschaft Bombay fest eingenistet und in der
letzteren seit jenem Jahre bis jetzt 41/, Mill. Menschen dahingerafft.
Auch in mehreren Städten Agyptens, z. B. Alexandrien, hat sie augen-
scheinlich Fuß gefaßt. Dasselbe scheint mit mehreren Häfen Süd-
amerikas der Fall zu sein. So haben wir in Deutschland alle Ur-
sache, auf der Hut zu sein. Wie nötig das ist, beweist der Umstand,
daß jährlich mehrmals in einen unserer Häfen Schiffe mit Pestratten
an Bord aus überseeischen Häfen einlaufen. Es kann wohl nach allem
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