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geschädigt. Sodann aber bestände die Gefahr, daß es auf den jenseits
der Grenze sich ansammelnden Schiffen und Flößen zum Ausbruch
einer Epidemie käme, welche auch das Inland in Mitleidenschaft ziehen
würde. Läßt man dagegen die Schiffe und Flöße ruhig über die Grenze,
unterwirft sie aber einer ständigen strengen Überwachung, so kann
man sicher sein, alle Kranken und Verdächtigen abzufangen und so
die Epidemie zu verhüten oder wenigstens wirksam zu bekämpfen.
3. Was die Waren und Gebrauchsgegenstände betrifft,
deren Ein- und Durchfuhr verboten und beschränkt werden kann, um
die Einschleppung von Seuchen zu verhüten, so ist man auch in dieser
Beziehung in neuerer Zeit milder geworden. Während nach früheren
Anschauungen alle möglichen Gegenstände als giftfangend bezeichnet
wurden, sieht man Jetzt als solche nur diejenigen an, welche vermöge
ihrer nahen Berührung mit kranken Personen Krankheitskeime in
sich aufgenommen haben können. Dies sind im wesentlichen ge-
tragene Kleidungsstücke, schmutzige Wäsche, Lumpen u. dgl.
4. Was die Personen betrifft, welche aus dem von Krankheiten
befallenen Lande kommen, so sind sie besonders bei denjenigen Krank-
heiten zu fürchten, bei denen erfahrungsgemäß gesunde Personen die
Krankheit verbreiten können. Dies gilt namentlich bei der Cholera
und dem Typhus, bei denen bekanntlich die Bazillenträger eine so
verhängnisvolle Rolle spielen. Auf Grund dieser Bestimmung wird
der Aus- und Durchwandererverkehr einer besonderen sanitären Über-
wachung unterworfen; sie gibt aber auch die Handhabe zu einer sani-
tären Überwachung der ausländischen Saisonarbeiter, welche bei uns
in der Landwirtschaft und in gewissen anderen Betrieben, nament-
lich im Bergbau, eine Rolle spielen.
Die durch § 24 Abs. 1 Ziff. 3 gegebene Befugnis, den Eintritt
und die Beförderung von Personen, welche aus dem von der Krank-
heit befallenen Lande kommen, zu verbieten oder zu beschränken, ist
durch die internationale Sanitätskonvention von Paris, nach welcher
die Errichtung von Landquarantänen verboten ist, wesentlich einge-
schränkt worden. Es hat sich aber auch durch die Erfahrungen der
letzten Jahre gezeigt, daß die Beschränkung des Personenverkehrs
auf den Eisenbahnen weder durchführbar noch überhaupt zweckmäßig
ist. Noch im Jahre 1892 ging man dazu über, auf den Bahnhöfen
aller Bahnen, welche von Hamburg ausgingen, eine ärztliche Kontrolle
sämtlicher von Hamburg kommenden Reisenden einzuführen. Es war
ein ständiger Dienst eingerichtet, bei dessen Durchführung die Ärzte
sich abwechselten. Sämtliche Reisende wurden ärztlich besichtigt und
nach ihrem Befinden befragt. Allein es zeigte sich, daß diese Maß-
regel nicht geeignet war, wirklich Cholerakranke herauszufinden,
andererseits aber mit so erheblichen Kosten und mit einer solchen Be-
lästigung des reisenden Publikums verbunden war, daß man sehr bald