Full text: Die gesetzlichen Grundlagen der Seuchenbekämpfung im Deutschen Reiche unter besonderer Berücksichtigung Preußens.

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blatt für geistliche, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten S. 220 veröffent- 
lichten Vorschriften über das Arbeiten und den Verkehr mit Krankheitserregern,, 
ausgenommen Pesterreger, bestimmen wir folgendes: 
1. Landeszentralbehörde im Sinne des $ 1 der Vorschriften ist bei den Er- 
regern der Cholera der Minister der geistlichen, Unterrichts- nnd Medizinal- 
angelegenheiten, bei den Erregern des Rotzes der genannte Minister in Gemein- 
schaft mit dem Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten. 
Anträge auf Erteilung der nach $ 1 erforderlichen Erlaubnis sind an die- 
Ortspolizeibehörde zu richten. 
2. Die zuständige Polizeibehörde im Sinne der $$ 2 bis 4 der Vorschriften 
ist die Ortspolizeibehörde. 
3. Zuständige Behörde im Sinne der 88 1, 5 ist der Regierungspräsident,, 
im Landespolizeibezirk Berlin der Polizeipräsident in Berlin. 
| 5. Erlaß des Ministers der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegen-. 
heiten an die Direktoren der hygienischen usw. Institute vom 12. Oktober 1904 
(Min.-Bl. f. Med.- usw. Ang. S. 376). 
Zur Ausführung der von dem Bundesrat am 28. April d. J. beschlossenen, 
im Reichsgesetzblatt S. 159 veröffentlichten „Vorschriften über das Arbeiten und. 
den Verkehr mit Krankheitserregern, ausgenommen Pesterreger“, ist von den be- 
teiligten Herren Ressortministern die in Nr. 191 des Deutschen Reichsanzeigers 
vom 15. August d. J. und im Min.-Bl. f. Med.- usw. Ang. 8. 313 ff. abgedruckte- 
Bekanntmachung vom 6. August d. J. erlassen. Indem ich Euer Hochwohl- 
geboren auf die vorstehenden Bestimmungen besonders aufmerksam mache, unter-. 
lasse ich nicht, ausdrücklich auf die große Verantwortung hinzuweisen, die den 
Institutsleitern und den im Institutsbetriebe tätigen Personen durch das Arbeiten. 
mit Krankheitserregern jeglicher Art zufällt. Ich gebe mich der Hoffnung hin, 
daß die gegebenen Anordnungen in allen Teilen gewissenhaft befolgt, und beson- 
ders die Bestimmungen in den $$ 5 bis 8 der Vorschriften vom 4. Mai d. J.. 
R.G.Bl. S. 160 ff. genauestens beachtet werden. Abschriften bezw. Abdrücke dieser- 
Vorschriften wollen Ew. Hochwohlgeboren in den zum Arbeiten mit Cholera- 
oder Rotzerregern bestimmten Räumen an augenfälliger Stelle anheften lassen. 
Um einen Mikroorganismus, welcher bei einer bestimmten Krank- 
heit regelmäßig gefunden wird, als Erreger dieser Krankheit aner-. 
kennen zu können, verlangt die Wissenschaft nach dem VYorgange von 
Robert Koch den Nachweis, daß er, von dem Körper des Kranken 
vollkommen getrennt und in Reinkultur gezüchtet, imstande ist, dieselbe: 
Krankheit bei Versuchstieren oder Menschen aufs neue zu erzeugen. 
Dieser Nachweis ist bei der Mehrzahl der Krankheitserreger durch. 
zahlreiche Tierversuche erbracht worden. Aber auch Menschenversuche 
sind, wenn auch begreiflicherweise nicht absichtlich, mehrfach erfolgreich 
geschehen. Schon kurz nach der Entdeckung des Choleravibrio in- 
fizierten sich gelegentlich von Cholerakursen mehrere Ärzte mit Cholera, 
und bekanntlich erkrankten M. v. Pettenkofer und Emmerich 
1892 nach dem absichtlichen Genuß einer Cholerabouillonkultur unter- 
Choleraerscheinungen. Mehrfach erkrankten und starben Assistenten 
und Diener bakteriologischer Laboratorien nach den Arbeiten mit. 
Rotzbazillen anRotz. Und auch die Arbeiten mit Pestbakterien 
forderten bekanntlich mehrere schmerzliche Opfer, so 1899 den Dr. 
Müller in Wien und 19053 den Dr. Sachs in Berlin. Jüngst er- 
folgten einige Infektionen gelegentlich von Arbeiten mit der Zecke:
	        
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