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und ähnliche Veranlassungen ohnehin nach dem Wohnsitz des Arztes
geführt wird. Für diejenigen Personen, welche sich dem Behandlungs-
zwang entziehen, ist durch das Landesseuchengesetz eine besondere
Strafe nicht vorgesehen. Es wird daher gegebenenfalls die gewöhn-
liche Polizeistrafe zu verhängen sein.
2. Behandlungszwang bei den übertragbaren Geschlechts-
krankheiten.
S 9 Abs. 2 P.G. Bei Syphilis, Tripper und Schanker kann eine
zwangsweise Behandlung der erkrankten Personen, sofern sie
gewerbsmäßig Unzucht treiben, angeordnet werden, wenn dies
zur wirksamen Verhütung der Ausbreitung der Krankheit er-
forderlich erscheint.
A. A. zu$ 9 Abs. 2 P.G. 2. Personen, welche gewerbsmäßig Unzucht treiben,
sind anzuhalten, sich an bestimmten Orten und zu bestimmten Tagen und
Stunden zur Untersuchung einzufinden. Wird bei dieser Untersuchung
festgestellt, daß sie an Syphilis, Tripper oder Schanker leiden, so sind sie
anzuhalten, sich ärztlich behandeln zu lassen.
Es empfiehlt sich, durch Einrichtung öffentlicher ärztlicher Sprechstunden
diese Behandlung möglichst zu erleichtern. Können die betreffenden Per-
sonen nicht nachweisen, daß sie diese Sprechstunden in dem erforderlichen
Umfange besuchen, oder besteht begründeter Verdacht, daß sie trotz ihrer
Erkrankung weiter der gewerbsmäßigen Unzucht nachgehen, so sind sie
unverzüglich in ein geeignetes Krankenhaus überzuführen und aus dem-
selben nicht zu entlassen, bevor sie geheilt sind.
S 7 Abs. 2 Br.G. Bei einer ansteckenden Geschlechtskrankheit
(Syphilis, Tripper, Schanker), welche auf amtlichem Wege zur
Kenntnis der Behörde kommt, kann eine zwangsweise Behand-
lung angeordnet werden, wenn solche zur wirksamen Ver-
hütung der Ausbreitung der Krankheit erforderlich erscheint,
und zwar gegebenenfalls in einem Öffentlichen Krankenhause.
Besonders wichtig erscheint die Einführung des Behandlungs-
zwanges bei den übertragbaren Geschlechtskrankheiten. Es sei hier
bemerkt, daß man bezüglich der Bekämpfung dieser Krankheiten ur-
sprünglich erheblich viel weiter gehen wollte, als dies nach dem
jetzigen Wortlaut des Gesetzes zulässig ist. Man wollte, wie bereits
in dem Kapitel „Anzeigepflicht“ ausgeführt ist, nicht nur eine Anzeige-
pflicht für sämtliche Personen, welche an diesen Krankheiten leiden,
einführen, sondern auch erheblich weitergehende Schutzmaßregeln.
Man ist sicherlich mit Recht davon zurückgekommen, weil man
einsah: ein jeder Zwang gegenüber diesen Kranken würde die schon
so wie so bestehende Neigung, derartige Krankheiten zu verheimlichen,
noch verstärken und die Kranken veranlassen, sich entweder gar nicht
oder aber von Kurpfuschern behandeln zu lassen, was natürlich ın
hohem Grade unerwünscht wäre.