Full text: Die gesetzlichen Grundlagen der Seuchenbekämpfung im Deutschen Reiche unter besonderer Berücksichtigung Preußens.

— 205 — 
mehr objektiv festgesetzt werden kann, wenn die Vernichtung bereits 
erfolgt ist. In der Praxis wird freilich die Durchführung dieser Be- 
stimmung schwierig sein, namentlich zu Zeiten größerer Epidemien ; 
die Bestimmung trägt aber dazu bei, die Polizeibehörden weiter zur 
Vorsicht bei der Anordnung der Vernichtung von Gegenständen zu 
erziehen. 
Durch 518 P.G. und $ 14 Abs. 2 Br.G. wird bestimmt, daß bei 
der Desinfektion die Abschätzung vor Rückgabe der Gegenstände an 
den Empfangsberechtigten zu erfolgen hat. Auch diese Bestimmung ist 
notwendig, weil nur dadurch verhütet werden kann, daß Personen in 
gewinnsüchtiger Absicht Gegenstände, welche desinfiziert worden sind, 
nach Empfang derselben ihrerseits willkürlich beschädigen und dann 
unberechtigte Ersatzansprüche erheben. Bei dieser Abschätzung muß 
nicht nur der Grad der Beschädigung, sondern auch der verbliebene 
gemeine Wert der betreffenden Gegenstände abgeschätzt werden, um 
eine Unterlage für die Höhe der zu gewährenden Entschädigung zu 
gewinnen. 
Nach $ 19 P.G. sollen die Entschädigungsberechtigten bei den 
in $S 17 und 18 erwähnten Abschätzungen tunlichst gehört werden. 
Eine derartige Vorschrift, welche übrigens das braunschweigische Gesetz 
nicht enthält, liegt in der Billigkeit, weil die Sachverständigen mit 
dem wirklichen Werte der Gegenstände nicht immer so vertraut sein 
können, wie im Interesse des Besitzers wünschenswert ist. 
Durch 8 20 P.G. und 8 15 Br.G. wird zur Vereinfachung des 
Verfahrens für zulässig erklärt, unter Umständen auf die Abschätzung 
zu verzichten. Die Abschätzung soll nicht stattfinden, wenn ein Ent- 
schädigungsanspruch gesetzlich ausgeschlossen ist, oder wenn der Ent- 
schädigungsberechtigte auf eine Entschädigung verzichtet. Letzteres 
wird bei vernichteten Gegenständen häufig erfolgen, da die Vernich- 
tung nach dem Gesetz ja nur angeordnet werden darf, wenn die Des- 
infektion nicht ausführbar oder im Verhältnis zum Wert des Gegen- 
standes zu kostspielig wäre. 
Durch $ 21 P.G. wird bestimmt, wer als Sachverständiger bei 
der Abschätzung in Tätigkeit treten soll. In Abs. 1 wird vorge- 
schrieben, dal die Sachverständigen in der erforderlichen Anzahl im 
voraus, und zwar auf die Dauer von 3 Jahren bestimmt werden sollen. 
Diese Vorschrift ist notwendig, damit im gegebenen Moment eine Ver- 
zögerung ausgeschlossen ist. Die Sachverständigen sollen vom Kreis- 
bezw. Stadtausschuß bezeichnet werden. Ihre Zahl wird sich nach 
der Zahl der Ortschaften und ihrer Entfernung voneinander zu richten 
haben. Unter allen Umständen muß die Möglichkeit gewährt werden, 
in jeder Ortschaft ohne erheblichen Zeitverlust die erforderliche An- 
zahl von Sachverständigen zur Verfügung zu haben. Die Vorschrift, 
daß auch Frauen als Sachverständige zugelassen werden, ist dadurch
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.