Full text: Die gesetzlichen Grundlagen der Seuchenbekämpfung im Deutschen Reiche unter besonderer Berücksichtigung Preußens.

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auch in den gemäßigten Zonen in Asien, im europäischen Rußland, in 
Schweden und Norwegen, auf Island vorfindet und nach Deutschland 
gar nicht selten durch Personen, welche nach längerem Aufenthalt in 
Niederländisch-Indien, Brasilien und anderen Ländern in ihre Heimat 
zurückkehren, eiugeschleppt wird. Die Entdeckung des Leprabazillus 
durch Armauer Hansen und Neisser ließ die Bekämpfung der 
Seuche als aussıchtsvoll erscheinen. 
Es wurde erwogen, ob nicht auch Rückfallfieber, Ruhr, 
Darmtyphus, Diphtherie, Scharlach und Kindbettfieber 
in das Reichsgesetz aufgenommen werden sollten, allein man nahm 
davon Abstand in der Erwägung, daß diese Krankheiten „nicht den 
Oharakter von eigentlichen Volksseuchen haben, vielmehr meist nur 
in beschränktem Umfang an einzelnen Orten und in bestimmten 
Gegenden — das Rückfallfieber und die Ruhr gewöhnlich nur 
in einigen dem Auslande benachbarten Grenzbezirken — auftreten 
und zu ihrer Bekämpfung nicht Maßnahmen, die sich gleichmäßig über 
das ganze Reichsgebiet erstrecken, erheischen“.‘ 
In der Tat haben diese Krankheiten nicht den pandemischen 
Charakter der „gemeingefährlichen“ Krankheiten des Reichsgesetzes. 
Ihre Bekämpfung konnte daher unbedenklich den einzelnen Bundes- 
staaten überlassen bleiben, um so mehr als für die seltenen Ausnahme- 
fälle, in denen eine Epidemie dieser Krankheiten gleichzeitig in den 
Gebieten mehrerer benachbarter Bundesstaaten auftritt, ein gemein- 
sames Vorgehen gegen die Krankheit unschwer herbeizuführen sein 
wird. Das beweist z. B. die seit dem Jahre 1903 mit Erfolg durch- 
geführte einheitliche Typhusbekämpfung im Südwesten des Reiches in 
einem Gebiet, welches Teile von Preußen, Bayern, Oldenburg und 
Elsaß-Lothringen umfaßt. 
ll. Die Anzeigepflicht bei den übrigen übertragbaren Krankheiten. 
5 1 Abs. 1u. 3 P.G. Außer den in dem $ 1 des Reichsgesetzes, 
betreffend die Bekämpfung gemeingefährlicher Krankheiten, vom 
30. Juni 1900 (R.G.Bl. S. 306 u. flg.) aufgeführten Fällen der 
Anzeigepflicht — bei Aussatz (Lepra), Cholera (asiatischer), Fleck- 
fieber (Flecktyphus), Gelbfieber, Pest (orientalischer Beulenpest), 
Pocken (Blattern) — ist jede Erkrankung und jeder Todes- 
fall an: Diphtherie (Rachenbräune), Genickstarre, übertrag- 
barer, Kindbettfieber (Wochenbett-, Puerperalfieber), Körner- 
krankheit (Granulose, Trachom), Rückfallieber (Febris recur- 
rens), Ruhr, übertragbarer (Dysenterie), Scharlach (Scharlach- 
fieber), Typhus (Unterleibstyphus), Milzbrand, Rotz, Tollwut 
(Lyssa), sowie Bißverletzungen durch tolle oder der Tollwut 
verdächtige Tiere, Fleisch-, Fisch- und Wourstvergiftung,
	        
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