- 10 —
Wie sehr das Scharlachfieber das Kindesalter gefährdet, beweisen
nachstehende Zahlen aus dem Jahre 1904, in welchem in Preußen
von je 10000 Lebenden der einzelnen Altersklassen an Scharlach
starben im Alter
von Obis 1 Jahre 9,4 von 20 bis 25 Jahren 0,16
„ 1 „ 2 Jahren 14,5 „25 „30 „021
„) 2 ,) 3 ’) 14,6 „ 30 ») 40 )) 0,11
>) 3 „) 8 >) 13,5 PB) 40 ”) 50 ) 0,05
„ 9%.» % 5, 70 „50 „60 „0,02
7) 10 ) 15 „ 1,8 | 2 60 7) 70 ») 0,01
» 15 ’) 20 ’) 0,40 N ») 70 ,) so ,) 0,01
Von den sämtlichen 10202 Scharlachtodesfällen des Jahres 1904
betrafen 983 —= 9,7 Proz. derselben das erste, 1373 —= 13,5 Proz. das
zweite, 1404 — 13,8 Proz. das dritte, 2508 = 24,6 das vierte und
fünfte, 2933 = 28,7 Proz. das sechste bis zehnte Lebensjahr, 679 —
6,7 Proz. das elfte bis fünfzehnte Lebensjahr, während nur 322 = 3,2 Proz.
der Gestorbenen älter als 15 Jahre waren. Die Scharlachtodesfälle
der 5 ersten Lebensjahre machten zusammen 61,6 Proz. der Gesamt-
Scharlachsterblichkeit aus.
Außerhalb Preußens besteht eine uneingeschränkte Anzeigepflicht
für Scharlach fast in allen Bundesstaaten, eine eingeschränkte nur in
Bayern, Württemberg, Sachsen-Weimar, Sachsen-Meiningen, Sachsen-
Coburg-Gotha und Waldeck. In Bayern, Württemberg und
Sachsen-Weimar ist die Regelung dieselbe wie bei der Ruhr. In
Sachsen-Meiningen sind nur „besonders bösartige oder besonders
zahlreich vorkommende Fälle“ anzuzeigen. In Sachsen-Coburg-
Gotha ist nur der erste in einer Ortschaft auftretende Fall binnen
3 Tagen, die weiteren sind von 14 zu 14 Tagen anzuzeigen.
Bei der Gefährlichkeit des Scharlachfiebers wird die Einführung
einer unbedingten Anzeigepflicht in allen Bundesstaaten anzustreben sein.
3. Typhus. Es ist von beachtenswerter Seite die Behauptung
aufgestellt worden, der Unterleibstyphus sei nach dem Regulativ von
1835 nicht anzeigepflichtig, unter dem Typhus des Regulativs sei
vielmehr lediglich der Flecktyphus, das heutige Fleckfieber, zu ver-
stehen. Diese Ansicht ist unzutreffend. Zur Zeit der Abfassung des
Regulativs war die klinische Unterscheidung der Krankheitsbilder
noch nicht so ausgebildet, wie heute, damals faßte man unter dem
Sammelnamen „Iyphus“ noch verschiedene Krankheiten zusammen,
welche man seitdem scharf voneinander unterscheiden gelernt hat:
Erkrankungen, welche hohes Fieber, schwere Allgemeinerscheinungen,
einen charakteristischen Ausschlag und eine starke Übertragbarkeit
von Person zu Person gemein hatten. Auch später, als man mit Hilfe
des 'ihermometers den eigenartigen Verlauf des Unterleibstyphus, der
sich außerdem durch die Neigung zu Durchfällen auszeichnet, von dem
des Fleckfiebers unterscheiden lernte und durch die Obermeiersche