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Entdeckung einer Spirochaete im Blute von Rückfallfieberkranken auch
die Recurrens als eine eigene Krankheit erkannte, behielt man noch
den Sammelnamen 'Typhus für alle drei Erkrankungen, die man als
Varietäten derselben Krankheitsspecies betrachtete, bei. Erst die Bak-
teriologie hat gezeigt, daß es in der Tat drei verschiedene Krank-
heiten sind, die nichts miteinander zu tun haben. Wenn zur Zeit
der Abfassung des Regulativs der Flecktyphus im Vordergrunde des
Interesses stand, weil er damals häufiger in epidemischer Verbreitung
auftrat als Unterleibstyphus und Recurrens, so berechtigt das keines-
wegs zu der Auffassung, man habe damals die beiden letzteren Krank-
heiten nicht gekannt. Bekanntlich hat die allerjüngste Zeit gelehrt,
daß der alte Begriff des Typhus noch weiter zerlegt, und daß vom
Unterleibstyphus der in manchen Beziehungen ihm ähnliche Para-
typhus abgegrenzt werden muß. Jedenfalls ist festzuhalten, daß der
Unterleibstyphus schon nach dem Regnlativ von 1835 anzeigepflichtig
war, was auch durch verschiedene gerichtliche Erkenntnisse ausdrück-
lich anerkannt worden ist.
Der Typhus gehört nicht nur in Preußen, sondern in ganz Deutsch-
land zu den verbreitetsten Krankheiten. In Preußen starben von je
10000 der am 1. Jan. Lebenden im Jahre
1890 : 2,04 1894 : 1,51 1898: 1,14 1902 : 0,81
1891: 2,0 1895 : 1,48 1899 : 1,33 1903 : 0,79
1892 : 2,04 1896 : 1,35 1900 : 1,38 1904 : 0,74
1893 : 1,71 1897 : 1,33 1901 : 1,28 1905 : 0,74
Außerhalb Preußens besteht eine unbedingte Anzeigepflicht für
Typhus in sämtlichen deutschen Bundesstaaten, mit alleiniger Aus-
nahme von Württemberg, wo nach dem Ministerialerlaß vom 29. Okt.
1883 nur umfangreiche Typhusepidemien von den Ortsvorständen den
Oberämtern anzuzeigen sind, und außerdem eine Anzeigepflicht nur für
Typhusfälle, welche in Schulgebäuden sich ereignen, besteht.
Neben den vorgenannten drei Krankheiten — Ruhr, Scharlach
und Typhus — haben von jeher drei auf Menschen übertragbare Tier-
krankheiten — Milzbrand, Rotz und Tollwut — die Aufmerksamkeit
der Sanitätspolizei auf sich gelenkt.
4. Milzbrand (Anthrax malignus) kommt bei Rindern, Schafen,
Schweinen und Pferden vor und wird gelegentlich auch auf Menschen
übertragen, welche mit den Tieren oder ihren Abfällen in Berührung
kommen. Alljährlich wird eine Reihe von Milzbranderkrankungen bei
Menschen beobachtet, entweder als Hautmilzbrand, Milzbrand-
karbunkel (bei Schlächtern, Abdeckern, Gerbern u. s. w.), oder als
Lungenmilzbrand, Hadernkrankheit (bei Arbeitern in Woll-
sortierereien, Roßhaarspinnereien, Lumpensammlereien, Papierfabriken
u.8s.w.), oder als Darmmilzbrand bei Personen, welche Fleisch