Full text: Die gesetzlichen Grundlagen der Seuchenbekämpfung im Deutschen Reiche unter besonderer Berücksichtigung Preußens.

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§   12. Kranke und krankheits- oder ansteckungsverdächtige Personen können 
einer Beobachtung unterworfen werden. Eine Beschränkung in der Wahl des 
Aufenthalts oder der Arbeitsstätte ist zu diesem Zwecke nur bei Personen zu- 
lässig, welche obdachlos oder ohne festen Wohnsitz sind oder berufs- oder ge- 
wohnheitsmäßig umherziehen.  
§ 13. Die höhere Verwaltungsbehörde kann für den Umfang ihres Be- 
zirkes oder für Teile desselben anordnen, daß zureisende Personen, sofern sie sich 
innerhalb einer zu bestimmenden Frist vor ihrer Ankunft in Ortschaften oder 
Bezirken aufgehalten haben, in welchen eine gemeingefährliche Krankheit aus- 
gebrochen ist, nach ihrer Ankunft der Ortspolizeibehörde zu melden sind. 
§ 14. Für kranke und krankheits- oder ansteckungsverdächtige Personen 
kann eine Absonderung angeordnet werden. 
Die Absonderung kranker Personen hat derart zu erfolgen, daß der Kranke 
mit anderen als den zu seiner Pflege bestimmten Personen, dem Arzte oder dem 
Seelsorger nicht in Berührung kommt und eine Verbreitung der Krankheit tun- 
lichst ausgeschlossen ist. Angehörigen und Urkundspersonen ist, insoweit es zur 
Erledigung wichtiger und dringender Angelegenheiten geboten ist, der Zutritt zu 
dem Kranken unter Beobachtung der erforderlichen Maßregeln gegen eine Weiter- 
verbreitung der Krankheit gestattet. Werden auf Erfordern der Polizeibehörde 
in der Behausung des Kranken die nach dem Gutachten des beamteten Arztes 
zum Zwecke der Absonderung notwendigen Einrichtungen nicht getroffen, so 
kann, falls der beamtete Arzt es für unerläßlich und der behandelnde Arzt es 
ohne Schädigung des Kranken für zulässig erklärt, die Überführung des Kranken 
in ein geeignetes Krankenhaus oder in einen anderen geeigneten Unterkunftsraum 
angeordnet werden. 
Auf die Absonderung krankheits- oder ansteckungsverdächtiger Personen 
finden die Bestimmungen des Abs. 2 sinngemäße Anwendung. Jedoch dürfen 
krankheits- oder ansteckungsverdächtige Personen nicht in demselben Raume mit 
kranken Personen untergebracht werden. Ansteckungsverdächtige Personen dürfen 
in demselben Raume mit krankheitsverdächtigen Personen nur untergebracht 
werden, soweit der beamtete Arzt es für zulässig hält. 
Wohnungen oder Häuser, in welchen erkrankte Personen sich befinden, 
können kenntlich gemacht werden. 
Für das berufsmäßige Pflegepersonal können Verkehrsbeschränkungen an- 
geordnet werden. 
§ 15. Die Landesbehörden sind befugt, für Ortschaften und Bezirke, welche 
von einer gemeingefährlichen Krankheit befallen oder bedroht sind, 
1. hinsichtlich der gewerbsmäßigen Herstellung, Behandlung und Auf- 
bewahrung, sowie hinsichtlich des Vertriebs von Gegenständen, welche ge- 
eignet sind, die Krankheit zu verbreiten, eine gesundheitspolizeiliche 
Überwachung und die zur Verhütung der Verbreitung der Krankheit 
erforderlichen Maßregeln anzuordnen; die Ausfuhr von Gregenständen 
der bezeichneten Art darf aber nur für Ortschaften verboten werden, 
in denen Cholera, Fleckfieber, Pest oder Pocken ausgebrochen sind, 
2. Gegenstände der in Nr. 1 bezeichneten Art vom Gewerbebetrieb im Um- 
herziehen auszuschließen, 
3. die Abhaltung von Märkten, Messen und anderen Veranstaltungen, 
welche eine Ansammlung größerer Menschenmengen mit sich bringen, 
zu verbieten oder zu beschränken, 
4. die in der Schiffahrt, der Flößerei oder sonstigen Transportbetrieben 
beschäftigten Personen einer gesundheitspolizeilichen Überwachung zu 
unterwerfen und kranke, krankheits- oder ansteckungsverdächtige Per- 
sonen sowie Gegenstände, von denen anzunehmen ist, daß sie mit dem 
Krankheitsstoffe behaftet sind, von der Beförderung auszuschließen. 
5. den Schiffahrts- und Flößereiverkehr auf bestimmte Tageszeiten zu be- 
schränken. 
§ 16. Jugendliche Personen aus Behausungen, in denen Erkrankungen vor- 
gekommen sind, können zeitweilig vom Schul- und Unterrichtsbesuche fernge- 
halten werden. Hinsichtlich der sonstigen für die Schulen anzuordnenden Schutz- 
maßregeln bewendet es bei den landesrechtlichen Bestimmungen.
	        
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