Full text: Die gesetzlichen Grundlagen der Seuchenbekämpfung im Deutschen Reiche unter besonderer Berücksichtigung Preußens.

— 261 — 
4. Jede Überwachungsstelle ist durch eine weithin sichtbare Tafel mit der 
Aufschrift „Uberwachungsstelle — Halt!“ und durch eine große, weiße Flagge 
kenntlich zu machen. " .. 
In jedem Überwachungsbezirk und zwar in möglichster Nähe der Über- 
wachungsstellen sind, falls nicht bereits vorhanden, Einrichtungen zu treffen, 
welche gesondert 
a) die Unterbringung und Behandlung von Kranken, 
b) die Unterbringung und Beobachtung von Verdächtigen ermöglichen. 
Auch sind die erforderlichen Desinfektionsmittel in genügender Menge zu 
beschaffen und ‚bereit zu halten. . 
An den Überwachungsstellen und anderen geeigneten Orten der UÜber- 
wachungsbezirke, insbesondere den regelmäßigen Anlegestellen, ist dafür Sorge zu 
tragen, daß die Fahrzeuge einwandfreies Trinkwasser einnehmen können. Die 
Stellen, an denen das Wasser zu entnehmen ist, sind durch Tafeln oder dgl. 
kenntlich zu machen, auf denen in weithin lesbarer Schrift der Vermerk „Wasser 
für Schiffer“ anzubringen sein wird. Die mit dem Untersuchungsdienste betrauten 
Beamten haben darauf zu achten, daß jedes Fahrzeug brauchbares Trinkwasser 
an Bord hat. Bei jeder Schiffsuntersuchung ist die Bemannung eindringlich vor 
der Gefahr des Trinkens und sonstiger Benutzung von Fluß- und Kanalwasser 
zu warnen. Auch ist dahin zu wirken, daß jeder Schiffsführer sich im Besitze 
der Druckschrift: „Wie schützt sich der Schiffer vor Cholera? Zusammengestellt 
im Kaiserlichen Gesundheitsamte“, befindet. 
Es ist Vorsorge zu treffen, daß im Bedarfsfalle die Benutzung von Be- 
gräbnisplätzen für Beerdigung von Choleraleichen nicht auf Schwierig- 
keiten stößt. . 
Die Vorstände der Überwachungsbezirke haben bei jeder Gelegenheit darauf 
zu achten und dahin zu wirken, daß nichts, was zur Verbreitung der Oholera 
geeignet ist, insbesondere nicht Stuhlentleerungen, undesinfiziert in 
das Wasser gelangen. Es ist darauf hinzuwirken, daß besondere Gefäße zur 
Aufnahme von Stuhlentleerungen auf jedem Fahrzeuge vorhanden sind. 
5. Die in dem Stromgebiete verkehrenden Fahrzeuge sind, unbeschadet 
der für die regelmäßig verkehrenden Personendampfer etwa anzuordnenden Aus- 
nahmen, zu verpflichten, an jeder Überwachungsstelle ohne Auf- 
forderung anzuhalten und das Untersuchungspersonal an Bord zu nehmen. 
Dieselbe Verpflichtung ist den auf dem Strome befindlichen Fahrzeugen 
für den Fall aufzuerlegen, daß sie von dem durch die weiße Flagge kenntlichen 
Untersuchungsfahrzeuge durch einen Befehl (Anrufen, Dampfpfeife, Glocken- 
zeichen oder Heben und Senken der Flagge) dazu aufgefordert werden. 
Jedes auf dem Strome verkehrende Fahrzeug hat eine gelbe und 
eine schwarze Flagge bei sich zu führen. Die gelbe Flagge ist bei dem Vor- 
handensein einer unter den Erscheinungen der Cholera erkrankten Person, die 
schwarze Flagge bei dem Vorhandensein einer Leiche aufzuziehen. Fahrzeuge, 
auf denen sich eine solche Person oder eine Leiche befindet, haben bei An- 
näherung eines Untersuchungsfahrzeuges ohne Aufforderung zu halten. 
In welchem Umfange der Schiffahrtsverkehr während der Nacht- 
stunden zu beschränken ist, wird mit Rücksicht auf die dabei in Betracht 
kommenden Umstände (örtliche Verhältnisse, Jahreszeit) festzusetzen sein. 
6. Die in Nr. 1 vorgesehene Untersuchung ist so zu handhaben, daß 
den Fahrzeugen ein möglichst geringer Aufenthalt bereitet und der Ver- 
kehr so wenig als möglich gehemmt wird. Sie wird folgendermaßen ausgeführt: 
Der Arzt begibt sich, nötigenfalls in Begleitung eines Polizeibeamten, auf 
das Fahrzeug und unterzieht alle auf diesem befindlichen Personen einer Unter- 
suchung auf Choleraerkrankung, der begleitende Polizeibeamte durchsucht das 
Fahrzeug nach etwa versteckten Personen. Werden Personen, welche unter den 
Erscheinungen der Cholera erkrankt sind, vorgefunden, so sind sie sofort vom 
Fahrzeuge zu entfernen, ebenso grundsätzlich die übrigen Insassen. Diese sind 
in den in Nr. 4 bezeichneten Räumen unterzubringen. Sofern zur Absonderung 
der anscheinend Gesunden ausreichende Unterkunftsräume nicht vorhanden sind, 
können solche Personen vorläufig auf dem Fahrzeug belassen werden. 
Die Beobachtung der anscheinend Gesunden hat fünf Tage zu dauern. Er-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.