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5. Grundsätze für Maßnahmen im Eisenbahnverkehre beim
Auftreten der Cholera.
(Anlage 10 der Anweisung des Bundesrats zur Bekämpfung der
Cholera vom 28 Januar 1904.)
1. Beim Auftreten der Cholera findet eine allgemeine und regelmäßige
Untersuchung der Reisenden nicht statt; es werden jedoch dem Eisenbahnpersonal
bekannt gegeben: ..
a) die Stationen, auf welchen Arzte sofort erreichbar und zur Ver-
fügung sind,
b) die Stationen, bei welchen geeignete Krankenhäuser zur Unterbringung
von Cholerakranken bereit stehen (Krankenübergabestationen).
Die Bezeichnung dieser Stationen erfolgt durch die Landeszentralbehörde
unter Berücksichtigung der Verbreitung der Seuche und der Verkehrsverhältnisse.
Ein Verzeichnis der unter a) und b) bezeichneten Stationen ist, nach der
geographischen Reihenfolge der Stationen geordnet, jedem Führer eines Zuges,
welcher zur Personenbeförderung dient, zu übergeben.
„2. Auf den zu la) und b) bezeichneten Stationen sowie, falls eine ärztliche
Überwachung der Reisenden an der Grenze angeordnet ist, auf den Zollrevisions-
stationen sind zur Vornahme der Untersuchung Erkrankter die erforderlichen
Räume, welche tunlichst mit einem besonderen Abort verbunden oder mit einem
abgesonderten Nachtstuhl versehen sein müssen, von der Eisenbahnverwaltung,
soweit sie ihr zur Verfügung stehen, herzugeben.
3. Die Schaffner haben dem Zugführer von jeder während der Fahrt vor-
kommenden auffälligen Erkrankung sofort Meldung zu machen.
Der Schaffner hat sich des Erkrankten nach Kräften anzunehmen; er hat
alsdann jedoch jede Berührung mit anderen Personen nach Möglichkeit zu ver-
meiden.
Der Erkrankte ist, falls nicht die Verkehrsordnung seinen Ausschluß von
der Fahrt vorschreibt, an der Weiterfahrt nicht zu verhindern ; jedoch ist, sobald
dies ohne Unterbrechung der Reise möglich ist, die Feststellung der Krankheit
durch einen Arzt (la) herbeizuführen. .
Verlangt der Erkrankte, der nächsten im Verzeichnis aufgeführten Über-
gabestation übergeben zu werden oder macht sein Zustand eine Weiterbeförderung
untunlich, so hat der Zugführer, falls der Zug vor der Ankunft auf der Über-
gabestation noch eine Zwischenstation berührt, sofort beim Eintreffen dem dienst-
habenden Stationsbeamten Anzeige zu machen; dieser hat alsdann der Kranken-
übergabestation ungesäumt telegraphisch Meldung zu erstatten, damit möglichst
die unmittelbare Abnahme des Erkrankten aus dem Zuge selbst durch die
Krankenhausverwaltung, die Polizei- oder die Gesundheitsbehörde veranlaßt
werden kann. .
Will der Erkrankte den Zug auf einer Station vor der nächsten Übergabe-
station verlassen, so ist er hieran nicht zu hindern. Der Zugführer hat aber
dem diensthabenden Beamten der Station, auf welcher der Erkrankte den Zug
verläßt, Meldung zu machen, damit der Beamte, falls der Erkrankte nicht bis
zum Eintreffen ärztlicher Hilfe auf dem Bahnhofe, wo er möglichst abzusondern
sein würde, bleiben will, seinen Namen, Wohnort und sein Absteigequartier fest-
stellen und unverzüglich der nächsten Polizeibehörde unter Angabe der näheren
Umstände mitteilen kann.
4. Erkrankt ein Reisender unterwegs in auffälliger Weise, so sind alsbald
sämtliche Mitreisenden, ausgenommen solche Personen, welche zu seiner Unter-
stützung bei ihm bleiben, aus dem Wagenabteil, in welchem der Erkrankte sich
befindet und, wenn mehrere Wagenabteile einen gemeinschaftlichen Abort haben,
aus diesen sämtlichen Abteilen zu entfernen und in einem anderen Abteil, und
zwar abgesondert von den übrigen Reisenden, unterzubringen. Bei der Ankunft
auf der Krankenübergabestation sind diejenigen Personen, welche sich mit dem
Kranken in demselben Wagenabteil befunden haben, sofort dem etwa anwesenden
Arzte zu bezeichnen, damit dieser denselben die nötigen Weisungen erteilen kann.
Im übrigen muß das Eisenbahnpersonal beim Vorkommen verdächtiger Er-
krankungen mit der größten Vorsicht und Ruhe vorgehen, damit alles vermieden