Full text: Die gesetzlichen Grundlagen der Seuchenbekämpfung im Deutschen Reiche unter besonderer Berücksichtigung Preußens.

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wird, was zu unnötigen Besorgnissen unter den Reisenden oder sonst beim Publikum 
Anlaß geben könnte. 
5. Der Wagen, in welchem ein Cholerakranker sich befunden hat, ist sofort 
außer Dienst zu stellen und der nächsten geeigneten Station zur Desinfektion zu 
übergeben. Die näheren Vorschriften über diese Desinfektion sowie über die 
sonstige Behandlung der Eisenbahn-Personen- und Schlafwagen bei Choleragefahr 
enthält die beigefügte Anweisung A. 
.. 6. Die Zugbeamten haben, wenn sie mit Ausleerungen Erkrankter in Be- 
rührung gekommen sind, sich sorgfältig zu reinigen und etwa beschmutzte 
Kleidungsstücke desinfizieren zu lassen; die in gleiche Lage gekommenen Reisen- 
den sind auf die Notwendigkeit derselben Maßnahmen aufmerksam zu machen. 
‚ Alle Personen, welche mit Cholerakranken in Berührung kommen, müssen 
bis nach stattgehabter gründlicher Reinigung ihrer Hände unbedingt vermeiden, 
die letzteren mit ihrem Gesicht in Berührung zu bringen, da durch Zuführung 
des Krankheitsstoffs durch den Mund in den Körper eine Ansteckung erfolgen 
kann. Es ist deshalb auch streng zu vermeiden, bei oder nach dem Umgange 
mit Kranken vor erfolgter sorgfältiger Reinigung der Hände zu rauchen oder 
Speisen und Getränke zu sich zu nehmen. 
7. Eine besondere Sorgfalt ist der Erhaltung peinlicher Sauberkeit in allen 
Bedürfnisanstalten auf den Stationen zuzuwenden; die Sitzbretter der Aborte sind 
durch Abwaschen mit einer heißen Lösung von Kaliseife mindestens einmal täg- 
lich zu reinigen. Eine Desinfektion der Aborte, welche alsdann mit Kalk- 
milch und unter wiederholtem UÜbergießen der Fußböden mit Kalkmilch, so- 
weit sie diese Behandlung vertragen, zu bewirken ist, erfolgt lediglich auf den 
Stationen der Orte, an welchen die Cholera ausgebrochen ist und auf solchen 
Stationen, wo dies ausdrücklich angeordnet werden sollte. Die zur Beseitigung 
üblen Geruchs für die warme Jahreszeit allgemein getroffenen Bestimmungen 
werden jedoch hierdurch nicht berührt. 
8. Der Boden zwischen den Gleisen ist, sofern er auf den Stationen infolge 
Benutzung der in den Zügen befindlichen Bedürfnisanstalten verunreinigt ist, 
durch wiederholtes Übergießen mit Kalkmilch gehörig zu desinfizieren. 
9, Eine Beschränkung des Eisenbahngepäck- und Güterverkehrs findet, ab- 
gesehen von den bezüglich einzelner Gegenstände ergehenden Ausfuhr- und Ein- 
uhrverboten, nicht statt. 
10. Eine Desinfektion von Reisegepäck und Gütern findet nur in folgenden 
Fällen statt: 
a) Auf den zu 2 bezeichneten Zollrevisionsstationen erfolgt auf ärztliche 
Anordnung zwangsweise die Desinfektion von gebrauchter Leibwäsche, 
getragenen Kleidungsstücken, gebrauchtem Bettzeug und sonstigen Gegen- 
ständen, welche zum Gepäck eines Reisenden gehören oder als Umzugs- 
gut anzusehen sind und aus einem choleraverseuchten Bezirke stammen, 
sofern sie nach ärztlichem Ermessen als mit dem Ansteckungsstoff der 
Cholera behaftet anzusehen sind. 
b) Im übrigen erfolgt eine Desinfektion von Expreß-, Eil- und Frachtgütern 
— auch auf den Zollrevisionsstationen — nur bei solchen Gegenständen, 
welche nach Ansicht der Ortsgesundheitsbehörde als mit dem Ansteckungs- 
stoff der Cholera behaftet anzusehen sind. 
Briefe und Korrespondenzen, Drucksachen, Bücher, Zeitungen, Geschäfts- 
papiere usw. unterliegen keiner Desinfektion. 
Die Einrichtung und Ausführung der Desinfektion wird von den Gesund- 
heitspehörden veranlaßt, welchen von dem Eisenbahnpersonale tunlichst Hilfe zu 
leisten ist. 
1l. Sämtliche Beamte der Eisenbahnverwaltung haben den Anforderungen 
der Polizeibehörden und der beaufsichtigenden Ärzte, soweit es in ihren Kräften 
steht und nach den dienstlichen Verhältnissen ausführbar ist, unbedingte Folge 
zu leisten und auch ohne besondere Aufforderung denselben alle erforderlichen 
Mitteilungen zu machen. Von allen Dienstanweisungen und Maßnahmen gegen 
die Choleragefahr und von allen getroffenen Anordnungen und Einrichtungen ist 
stets sofort den dabei in Frage kommenden Gesundheitsbehörden Mitteilung zu 
machen.
	        
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