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Für Binnenschiffe und Flöße ist die Anzeige an die Polizeibehörde der
nächstgelegenen Anlegestelle zu richten. Sind jedoch an der betreffenden Wasser-
straße Überwachungsstellen zur gesundheitlichen Überwachung des Schiffahrts-
und Flößereiverkehrs eingerichtet, so ist die Anzeige an die nächstgelegene Über-
wachungsstelle zu richten.
Zu § 4.
Zur Erleichterung der Anzeigeerstattung empfiehlt sich die Benutzung von
Kartenbriefen, welche auf der Innenseite den aus der Anlage 1 ersichtlichen Vor-
druck aufweisen. Es ist Sorge dafür zu tragen, daß aus ihrer Benutzung den
Anzeigepflichtigen Kosten nicht erwachsen.
Im Interesse der Kostenersparnis haben die Regierungspräsidenten den Be-
darf an diesen Kartenbriefen für ihren Bezirk einheitlich herstellen zu lassen und
an die Ortspolizeibehörden gegen Erstattung der Selbstkosten abzugeben. Die
Kosten fallen als ortspolizeiliche demjenigen zur Last, welcher nach dem beste-
henden Recht die Kosten der örtlichen Polizeiverwaltung zu tragen hat.
Die Kartenbriefe sind seitens der Polizeibehörde im voraus mit dem Abdruck
des Dienstsiegels oder Dienststempels sowie tunlichst mit der Adresse des Em-
pfängers zu versehen und an die zur Anzeige verpflichteten Personen unentgelt-
lich zu verabfolgen. Geschieht die Verabfolgung an Ärzte oder ärztliches Hilfs-
personal oder zum Zweck der Beförderung im Fernverkehr, so sind Kartenbriefe
zu benutzen, welche außerdem seitens einer zuständigen Behörde mit dem Aver-
sionierungsvermerk versehen sind (vergl. auch Min.-Erlaß vom 2. Februar 1906,
Min.-Bl. f. Med.-Ang. S. 32).
Die Kartenbriefe werden nach der Ausfüllung im Fernverkehr unfrankiert
befördert. Die Ärzte und das ärztliche Hilfspersonal sind berechtigt, die mit dem
Aversionierungsvermerke versehenen Kartenbriefe auch im Ortsverkehr durch
die Post befördern zu lassen.
Auf Grund der erstatteten Anzeige haben die Polizeibehörden für jede der
anzeigepflichtigen übertragbaren Krankheiten eine besondere Liste nach dem bei-
gefügten Muster (Anlage 2) fortlaufend zu führen.
Sobald in einer Ortschaft oder in einem Bezirk eine der in dem § 1 ge-
nannten übertragbaren Krankheiten in epidemischer Verbreitung auftritt, wird es
sich empfehlen, daß durch öffentliche Bekanntmachungen die gesetzliche Anzeige-
pflicht für diese Krankheit in Erinnerung gebracht, und die Bevölkerung in ge-
eigneter Weise über das Wesen, die Verhütung und Bekämpfung der Krankheit
belehrt wird. Jedoch ist eine unnötige Beunruhigung der Bevölkerung tunlichst
zu vermeiden.
Es wird sich empfehlen, die Bekanntmachungen während der Dauer der
Epidemie in angemessenen Zwischenräumen zu wiederholen.
Ratschläge an Ärzte für die Bekämpfung der übertragbaren Genickstarre,
der Körnerkrankheit, der übertragbaren Ruhr, des Typhus und des Milzbrands,
sowie zur Verteilung an die Bevölkerung geeignete gemeinverständliche Beleh-
rungen über Diphtherie, die übertragbare Genickstarre, die Körnerkrankheit, die
übertragbare Ruhr, den Scharlach, den Typhus, den Milzbrand und den Rotz
werden in der erforderlichen Anzahl in dem Ministerium der Medizinalangelegen-
heiten bereit gehalten und können behufs Verteilung zu Zeiten einer Epidemie
erbeten werden.
Die zur Verteilung an die Hebammen und Standesbeamten bestimmte ge-
meinverständliche Belehrung „Wie schützt sich die Wöchnerin vor dem Kind-
bettfieber“, kann durch Vermittelung des Ministeriums der Medizinalangelegen-
heiten zum Selbstkostenpreise bezogen werden.
Zu §§ 5, 7 und 11.
Die Regierungspräsidenten haben Vorsorge zu treffen, daß sie von dem
epidemischen Ausbruch einer der in dem § 1 nicht aufgeführten übertragbaren
Krankheiten tunlichst bald Kenntnis erhalten. Nach erlangter Kenntnis haben
sie unverzüglich an den Minister der Medizinalangelegenheiten über Umfang und
Charakter der Epidemie zu berichten. Dabei haben sie sich, sofern die Verhält-