Full text: Die gesetzlichen Grundlagen der Seuchenbekämpfung im Deutschen Reiche unter besonderer Berücksichtigung Preußens.

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zulässig erklärt, die Überführung des Kranken in ein geeignetes Krankenhaus 
oder in einen anderen geeigneten Unterkunftsraum angeordnet werden. 
Geht die Krankheit einer wegen Ruhr oder Typhus abgesonderten Person 
in Genesung über, so ist die Absonderung nicht eher aufzuheben, als bis sich die 
Stuhlentleerungen des Kranken bei zwei, durch den Zeitraum einer Woche von- 
einander getrennten bakteriologischen Untersuchungen als frei von Ruhr- bezw. 
Typhuzbazillen erwiesen haben. Ist dies jedoch nach Ablauf von zehn Wochen, 
vom Beginn der Erkrankung ab gerechnet, noch nicht der Fall, so ist die Ab- 
sonderung zwar aufzuheben, der Kranke aber als Bazillenträger zu behandeln. 
Zur Beförderung von Personen, welche nach den Bestimmungen des Gesetzes 
abgesondert werden können, sollen dem öffentlichen Verkehre dienende Beförde- 
rungsmittel (Droschken, Straßen- oder Eisenbahnwagen u. dgl.) in der Regel 
nicht benutzt werden. 
Soll dennoch ein derartiger Kranker oder Krankheitsverdächtiger ausnahms- 
weise mit der Eisenbahn befördert werden, so darf dies von der Polizeibehörde 
nur unter der Bedingung gestattet werden, daß der Person ein zuverlässiger Be- 
gleiter beigegeben wird. Auch hat die Polizeibehörde den Transport dem Bahn- 
hofsvorstand der Abfahrts- sowie demjenigen der Bestimmungsstation rechtzeitig 
vorher unter Angabe von Tag und Stunde der Abfahrt und Ankunft anzuzeigen. 
Der Bahnhofsvorstand der Abgangsstation hat dem Zugführer und dem Schaffner 
des Wagenabteils, in welchem die Person befördert werden soll, in einer für die- 
selbe schonenden Form von der Art der Erkrankung Kenntnis zu geben. 
Das betreffende Wagenabteil und der Abort sind alsbald vorschriftsmäßig 
zu desinfizieren. 
Es ist schon in seuchenfreien Zeiten darauf hinzuwirken, daß wenigstens in 
den größeren Städten zur Beförderung der Kranken geeignete, außen und innen 
desinfizierbare Fuhrwerke von Fuhrherren, Vereinen oder aus öffentlichen Mitteln 
bereit gehalten werden. 
Dem Führer des Wagens ist nach jeder Benutzung durch einen Kranken 
seitens der Ortspolizeibehörde ein Schein über die Ausführung des Transports 
auszuhändigen, welcher binnen 24 Stunden, mit einem Ausweis über die Aus- 
führung der Desinfektion des Fuhrwerks versehen, an die Ortspolizeibehörde zu- 
rückzugeben ist. 
IV. Wohnungen oder Häuser, in welchen an Rückfallfieber oder 
Typhus erkrankte Personen sich befinden, können kenntlich gemacht werden 
($ 14 Abs. 4 des Reichsgesetzes). 
Dies hat bei Tage durch eine gelbe Tafel mit dem Namen der betreffenden 
Krankheit, bei Nacht durch eine gelbe Laterne zu geschehen, welche an einer in 
die Augen fallenden Stelle anzubringen sind. 
Ungeachtet der Schwierigkeiten, mit welchen die erfolgreiche Durchführung 
unter Umständen, z. B. in Großstädten, verbunden sein mag, wird doch geeigneten- 
falls von dieser Maßnahme namentlich in Ortschaften mit dicht zusammen- 
wohnender Bevölkerung, z. B. in Industriegebieten, Gebrauch gemacht werden 
müssen. 
V. Für das berufsmäßige Pflegepersonal können Verkehrs- 
beschränkungen angeordnet werden bei Diphtherie, Kindbettfieber, Rückfall- 
fieber, Scharlach und Typhus ($ 14 Abs. 5 des Reichsgesetzes). 
Diese Beschränkungen werden in der Regel darin zu bestehen haben, daß 
Pflegepersonen, welche einen mit einer dieser Krankheiten behafteten Kranken in 
Pflege haben, nicht gleichzeitig eine andere Pflege übernehmen dürfen, daß sie 
während der Pflege ein waschbares Überkleid zu tragen, die Desinfektionsvor- 
schriften gewissenhaft zu befolgen und den Verkehr mit anderen Personen und 
in öffentlichen Lokalen tunlichst zu meiden haben. 
Geben sie die Pflege des Kranken auf, so ist ihnen zu untersagen, die Pflege 
eines anderen Kranken zu übernehmen, bevor sie sich selbst, ihre Wäsche und 
Kleidung einer gründlichen Reinigung und Desinfektion unterzogen haben. 
VI. Für Ortschaften und Bezirke, welche von Diphtherie, Milzbrand, Schar- 
lach oder Typhus befallen sind, können hinsichtlich der gewerbsmäßigen 
Herstellung, Behandlung und Aufbewahrung, sowie hinsichtlich des
	        
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