Full text: Die gesetzlichen Grundlagen der Seuchenbekämpfung im Deutschen Reiche unter besonderer Berücksichtigung Preußens.

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Verordnung vom 30. I. 1902 (Ges.- u. Verordn.-Bl., S. 47). In 
der Verordnung vom 15.   I. 1903 (Veröff. d. K. G.A., S. 510) wird 
bemerkt, daß unter „Wechsel der Wohnung“ jegliches Aufgeben einer 
bisher durch einen ansteckungsfähigen Kranken benützten Wohnung 
zu verstehen sei, gleichgültig, ob dieses Aufgeben ein dauerndes oder 
ein nur vorübergehendes ist, und ob die bisherige Wohnung mit dem 
Krankenhaus oder einer anderweitigen Wohnung vertauscht wird. 
f) Großherzogtum Hessen. 
Bezüglich Aussatz, Cholera, Fleckfieber, Gelbfieber, 
Pest und Pocken gilt das Reichsgesetz vom 30. VI. 1904 nebst 
den Ausführungsbestimmungen vom 26. X. und 22. XI. 1900 
(Veröff. d. K. G.A., S. 1238/39). 
Durch § 6 der Instruktion vom 23. V. 1846 und § 8 der 
Medizinalordnung vom 25. VI. 1861 war den Ärzten die An- 
zeige bei epidemischem Auftreten ansteckender Krankheiten auferlegt. 
Durch Ausschreiben des Ministeriums des Innern vom 21. XII. 
1878 (Amtsbl. Nr. 26) wurde den Eltern schulpflichtiger Kinder die 
Anzeigepflicht für Erkrankungen ihrer Kinder an Diphtherie und 
Scharlach auferlegt. Nach dem Polizeistrafgesetz vom 30.   X. 
1855/10. X. 1871 §§ 349—355 besteht eine Anzeigepflicht für Pocken, 
ferner für ansteckende Krankheiten bei Ammen und bei Tollwut. 
Durch § 78 der Kreis- und Provinzialordnung vom 
12. VI. 1874 wurde den Kreisräten die Befugnis beigelegt, durch 
Polizeiverordnung auch die Anzeigepflicht für ansteckende Krankheiten 
einzuführen. Auf Grund dieser Bestimmung wurde in der Provinz 
Oberhessen am 27. April 1880 die Anzeigepflicht für Fleck- 
fieber, Rückfallfieber und Typhus für Ärzte und sonstige mit 
der Behandlung der Kranken beschäftigte Personen eingeführt, jedoch 
nur für die Dauer von 6 Monaten. Im Kreise Gießen wurde am 
1. Juni 1882 die Anzeigepflicht für Diphtherie und Scharlach 
eingeführt. Diesem Beispiele sind später nach und nach sämtliche 
18 Kreise gefolgt. Die meisten Krankheiten wurden anzeigepflichtig 
im Kreise Alsfeld, nämlich Cholera, Diphtherie, Fleckfieber, 
übertragbare Genickstarre, Granulose bei Schulkindern, Kind- 
bettfieber, Krupp, Milzbrand, Pocken, Rotz, Rückfall- 
fieber, Ruhr, Scharlach, Tollwut, Trichinose, Typhus, 
Windpocken bei Erwachsenen, außerdem andere ansteckende Krank- 
heiten, bei besonderer Bösartigkeit und besonders starker Verbreitung. 
Im Kreise Alzey wurden nur Diphtherie, Fleckfieber, Rück- 
fallfieber, Scharlach und Typhus für anzeigepflichtig erklärt. 
In der Mehrzahl der übrigen Kreise erstreckt sich die Anzeigepflicht 
auf Diphtherie, epidemische Genickstarre, Krupp, epidemische
	        
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