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und Niesen um sich verbreitet, und die der Gesunde in der Umgebung
des Kranken einatmet —, aber die Verbreitung ist eine so schnelle
und meist so ausgedehnte, daß man ihren Gang kaum zu verfolgen,
jedenfalls bis jetzt nicht zu durchkreuzen vermag. Hoffentlich wird
ein weiteres Studium der Krankheit, die meist harmlos und nur aus-
nahmsweise schwerer verlänft, Aufklärung bringen. — Auch außerhalb
Preußens besteht in der Mehrzahl der deutschen Staaten keine An-
zeigepflicht, eine beschränkte nur in Bayern und Schwarzburg-
Rudolstadt.
2. Weniger verständlich erscheint vielen Sachverständigen, daß
das Gesetz von 1905 keine Anzeigepflicht für den Keuchhusten ent-
hält. Gehört er doch zu den schwersten und übertragbarsten Krank-
heiten der Kinderwelt; wie jeder erfahrene Kinderarzt weiß, geraten
Kinder unter einem Jahr in äulßerste Lebensgefahr, wenn sie vom
Keuchhusten befallen werden. Von den durchschnittlich mehr als
14000 Todesfällen, welche der Keuchhusten jährlich in Preußen er-
zeugt, betrifft der überwiegendste Teil Kinder unter einem Lebens-
jahre. Aber man kennt den Erreger der Krankheit und die Wege
ihrer Verbreitung noch nicht, und es fehlt an wirksamen Maßregeln
gegen ihre Verbreitung, wenn es auch wahrscheinlich ist, daß sie durch
das Verspritzen der Krankheitskeime bei den Hustenstößen, also durch
den nahen Verkehr der Kinder und ihrer Wärterinnen stattfindet.
Es erschien daher zweckmäßig, auf die Anzeigepflicht bei Keuchhusten
zu verzichten, um so mehr, als die Krankheit sich schleichend ent-
wickelt und in den ersten Wochen, in denen sie sicher schon über-
tragbar ist, selbst für den erfahrenen Arzt nicht sicher erkennbar ist.
Zur Verhütung der Gefahren zu Zeiten von Epidemien wird auch hier
der S 5 des Seuchengesetzes heranzuziehen sein.
Zu erwägen bleibt jedoch, ob nicht für gewisse Verhältnisse, in
denen regelmäßig zahlreiche Kinder zusammenkommen, die Änzeige-
pficht für Keuchhusten ein für allemal einzuführen wäre, also für
Schulen, Pensionate, Alumnate, Konvikte u. s. w., namentlich aber für
Brunnen- und Badeorte, besonders Seebäder, in denen Kinder Genesung
suchen.
Außerhalb Preußens besteht eine unbedingte Anzeigepflicht nur
in Reuß j. L. und eine beschränkte inBayern, Sachsen, Baden,
Hessen, Mecklenburg-Strelitz,Schwarzburg-Rudolstadt,
Waldeck und Lippe, während die in den übrigen deutschen Bun-
desstaaten ganz fehlt.
3. Die Malaria, das Wechsel- oder kalte Fieber, wurde zur
Zeit der Bearbeitung des Regulativs nicht zu den Infektionskrank-
heiten gerechnet, sie gehört auch nach den neueren Forschungen nicht