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zu den unmittelbar übertragbaren Krankheiten, die Übertragung der
Krankheit von dem Kıanken auf den Gesunden erfolgt vielmehr
durch einen Zwischenwirt, die Stechmücke, Anopheles maculipennis.
Ein Mensch, welcher die Krankheitskeime, die Plasmodien, in seinen
roten Blutkörperchen beherbergt, ist da, wo diese Stechmücke vor-
kommt, eine Gefahr für seine Umgebung, und es fragt sich daher, ob
nicht für Gegenden, in denen die Malaria heimisch ist, die Anzeige-
pfllicht für diese Krankheit einzuführen sein wird. Beim Erlaß des
preußischen Seuchengesetzes hielt man jedoch einen Anlaß dazu nicht
für vorliegend, weil die Krankheit in keinem Teile Preußens in merk-
licher Ausbreitung vorhanden war.
Außerhalb Preußens besteht eine Anzeigepflicht, und zwar eine un-
bedingte, nur in Lübeck.
4. Auch die Rose, das Erysipelas, ist eine übertragbare Krank-
heit, die vor der Einführung der anti- und der aseptischen Wund-
behandlung ein gefürchteter Gast der Hospitäler war. Epidemien
dieser Krankheit sind aber neuerdings nicht beobachtet worden. Die
Einführung der Anzeigepflicht für Rose erschien daher nicht erforder-
lich, eine solche besteht auch im übrigen Deutschland nur, und zwar
unbedingt, in Braunschweig.
Von den übrigen übertragbaren Krankheiten, für welche durch
das preußische Gesetz von 1905 keine Anzeigepflicht eingeführt wor-
den ist, besteht eine solche für Beri-Beri in Bremen (unbedingt), für
Blennorrhöe der Neugeborenen in Anhalt, Lippe und Bremen
(unbedingt), für Kopfgrind in Sachsen-Meiningen (beschränkt),
für brandige Lungenentzündung in Reuß j. L. (unbedingt), für
Schälblasen der Neugeborenen in Sachsen-Meiningen und
Lippe (unbedingt) sowie in Sachsen (beschränkt) und für Skorbut
in Bremen (unbedingt). In Preußen glaubte man einer Anzeige-
pflicht für diese Krankheiten entraten zu können, teils weil sie, wie
Beri-Beri, bei uns nicht einheimisch, teils weil sie, wie Skorbut, nicht über-
tragbar, teils weil sie, wie die brandige Lungentzündung, überaus selten
sind. Über den Kopfgrind und die Schälblasen der Neugeborenen
äußerte sich die Begründung zu dem preußischen Gesetzentwurf fol-
gendermaßen:
„Bösartiger Kopfgrind wird gleichfalls im Gesetzentwurte
nicht erwähnt. Die Fortschritte der Dermatologie haben ergeben, daß
die Sammelbezeichnung „bösartiger Kopfgrind“ eine Mehrheit selbstän-
diger Krankheiten umfaßt, welche rein örtlich verlaufen und niemals
zu Allgemeinkrankheiten ausarten, so daß von einer Bekämpfung der-
selben mittelst behördlicher Maßnahmen abgesehen werden kann. Auch
der Erlaß der Minister der geistlichen u.s. w. Angelegenheiten und