Full text: Die gesetzlichen Grundlagen der Seuchenbekämpfung im Deutschen Reiche unter besonderer Berücksichtigung Preußens.

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des Innern, betreffend die Verhütung der Übertragung ansteckender 
Krankheiten durch die Schulen, vom 14. Juli 1884 (M.Bl. f. d. ı. V. 
S. 198), hat den bösartigen Kopfgrind mit Stillschweigen übergangen. 
Die einzige sanitätspolizeiliche Maßregel, welche sich gegenüber dem 
Kopfgrind, wie bei allen Haarkrankheiten, empfiehlt, ist eine sorg- 
fältige Überwachung des Barbier-, Friseur-- und Perückenmacher- 
gewerbes, deren Durchführung jedoch nicht die Form des (Gesetzes 
erfordert.“ 
„Auch die Schälblasen der Neugeborenen sind in dem 
Gesetzentwurfe nicht berücksichtigt. Mit diesem Namen werden zwei 
verschiedene Krankheiten bezeichnet, einmal eine Erscheinungsform 
der Syphilis, welche unter diese Krankheit fälit, und dann eine ver- 
hältnismäßig harmlose Hautkrankheit, gegen welche sich sanitätspolizei- 
liche Maßregeln erübrigen.“ 
Bei der Beratung des Gesetzentwurfes in der Kommission des Ab- 
geordnetenhauses wurde der Antrag auf Aufnahme der Blennorrhöe 
der Neugeborenen unter die anzeigepflichtigen Krankheiten ge- 
stellt, dieser Antrag aber abgelehnt, nachdem der Verfasser als Regie- 
rungsvertreter folgende Erklärung abgegeben hatte: 
„Die Ausführungen des Antragstellers sind imsofern zutreffend, 
als in der Tat die Mehrzahl der Erblindungen im jugendlichen Alter 
durch diese Krankheit zustande kommt. Sie ist außerordentlich ge- 
fährlich und verdient daher die größte Aufmerksamkeit. Da der An- 
trag auf Einbeziehung der Krankheit in die Liste der anzeigepflich- 
tigen Krankheiten bereits im vorigen Jahre gestellt worden ist, so 
hat der Minister gutachtliche Äußerungeu von einer großen Anzahl 
von Geburtshelfern, Augenärzten und Medizinalbeamten eingefordert. 
Von diesen haben sich einige, aber nur die Minderzahl, für die Ein- 
führung der Anzeigepflicht ausgesprochen. Die überwiegende Mehr- 
zahl war dagegen, und auch die Staatsregierung muß sich ın diesem 
Sinne aussprechen. Die Augenentzündung der Neugeborenen entsteht 
durch Übertragung von Trippergift aus den Geschlechtsteilen der 
Mutter auf die Augen des Kindes während oder kurz nach der Ge- 
burt.. Der Tripper gehört zu den übertragbaren Geschlechtskrank- 
heiten. Nun haben wir auf Antrag der Kommission die übertragbaren 
Geschlechtskrankheiten in $ 1 gestrichen. Es wäre also nicht kon- 
sequent, wenn wir die Augenentzündung der Neugeborenen in den $ 1 
aufnehmen wollten. Es kommt aber außerdem in Betracht, daß wir 
in einem von Professor Ored& angeregten Verfahren ein vorzügliches 
Mittel zur Verhütung der Augenentzündung der Neugeborenen besitzen. 
Dasselbe besteht in der Eintröpfelung von einer 2-proz. Höllenstein- 
lösung in den Augenlidbindehautsack der Neugeborenen sofort nach 
der Geburt. Die Hebammen sind in diesem Verfahren unterrichtet 
und angewiesen, es ın allen verdächtigen Fällen auszuführen. Es hat 
sich ergeben, dab seit Einführung dieses Verfahrens die Zahl und 
Schwere der Augenentzündungen bei Neugeborenen, und damit auch 
die Zahl der Erblindungen erheblich abgenommen hat. Und es ist
	        
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