2 —
in der der Hausvater verstorben, die Mutter erkrankt, und nur noch
unmündige Kinder, dagegen weder Dienstboten noch Pfleger vorhanden
sind, durch Erstattung der Anzeige bei der Polizei die Durchführung
der erforderlichen Schutzmaßregeln ermöglichen, wenn hierzu nicht
der Hauswirt oder Wohnungsinhaber herangezogen werden dürfte.
Kommt es doch in großen Städten vor, daß man von der Erkrankung
einzeln lebender Personen erst erfährt, wenn sie tagelang nicht zum
Vorschein gekommen und vielleicht schon verstorben sind. Zur Ver-
hütung derartiger Vorfälle bietet das Seuchengesetz eine Handhabe.
In Herbergen, Gastwirtschaften, Ohambregarnies, Hotels u. s. w. liegt
diese Anzeigepflicht dem Besitzer dieses Etablissements ob.
5. Die Anzeigepflicht des Leichenschauers ist eingeführt worden
auf Grund der Erfahrungen, welche man gelegentlich von Pest- und
Choleraepidemien gemacht hat, in denen ganze Familien ausstarben,
und schließlich niemand die Anzeige erstatten konnte, als der Leichen-
schauer. Ist der Leichenschauer ein Arzt, so wird ihn zuweilen das
Aussehen, die Lage u. s. w. der Leiche in Verbindung mit der Be-
fragung der Angehörigen zur Stellung einer Diagnose oder zur Äußerung
eines Verdachtes in die Lage setzen. Ist der Leichenschauer ein Laie,
so wird man von ihm erwarten dürfen, daß er in Zweifelsfällen die
Hinzuziehung eines Arztes zur Besichtigung der Leiche veranlaßt.
Die Bestimmung hat die obligatorische Leichenschau zur Voraussetzung,
welche z. B. in dem größten Teile von Preußen nicht besteht, während
sie z. B. in Sachsen durch Leichenfrauen ausgeübt wird.
2. Anzeigepflichtige Personen in Anstalten sowie auf Schiffen
und Flößen.
S 3 RG. Für Krankheits- und Todesfälle, welche sich in öffent-
lichen Kranken-, Entbindungs-, Pflege-, Gefangenen- und ähn-
lichen Anstalten ereignen, ist der Vorsteher der Anstalt oder
die von der zuständigen Stelle damit beauftragte Person aus-
schließlich zur Erstattung der Anzeige verpflichtet.
Auf Schiffen oder Flößen gilt als der zur Erstattung der
Anzeige verpflichtete Haushaltungsvorstand der Schiffer oder
Floßführer oder deren Stellvertreter. Der Bundesrat ist er-
mächtigt, Bestimmungen darüber zu erlassen, an wen bei
Krankheits- und Todesfällen, welche auf Schiffen oder Flößen
vorkommen, die Anzeige zu erstatten ist.
$ 3 P.G. (Abs. 1 und 2 lauten wie Abs. 1 u. Abs. 2 Satz 1 R.G.
Sodann:)
Der Minister der Medizinalangelegenheiten ist ermächtigt,
im Einvernehmen mit dem Minister für Handel und Gewerbe