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Recht bringt $ 5 Abs. 1 R.G. zum Ausdruck. Von diesem Recht ist
auch in allen Bundesstaaten Gebrauch gemacht worden.
Durch $ 5 Abs. 2 wird aber dem Bundesrat die Ermächtigung
übertragen, unter Umständen auch für einige im Gesetz nicht genannte
übertragbare Krankheiten die Anzeigepflicht vorübergehend oder dauernd
für einzelne Teile oder den ganzen Umfang des Reiches einzuführen.
Dies kann z. B. in Frage kommen, wenn eine übertragbare Krankheit
in ungewöhnlicher Heftigkeit oder in einer Ausdehnung auftritt, welche
mehrere Bundesstaaten gleichzeitig gefährdet. Als Krankheiten mit
Neigung zu pandemischer Verbreitung sind das Rückfallfieber,
die übertragbare Genickstarre, die Influenza zu nennen,
auch können in dieser Beziehung die Körnerkrankheit, die über-
tragbare Ruhr und der Typhus in Frage kommen. Wasz.B. den
Typhus betrifft, so findet bekanntlich seit 1903 eine gemeinsame Be-
kämpfung dieser Krankheit im Südwesten des Reiches in einem Ge-
biete statt, welches den Regierungsbezirk Trier und die Kreise Kreuz-
nach und Meisenheim des Regierungsbezirks Coblenz von Preußen, die
Rheinpfalz von Bayern, das Fürstentum Birkenfeld von Oldenburg und
die Bezirke Unterelsaß und Lothringen von Elsaß-Lothringen umfaßt.
Die Einheitlichkeit des Vorgehens wird dort dadurch etwas beein-
trächtigt, daß zwar in allen beteiligten Landesteilen die Anzeigepflicht
für Erkrankungen und Todesfälle an Typhus, eine solche für Typhus-
verdacht dagegen nur in Elsaß-Lothringen besteht. Hier wäre also
sehr zu erwägen, ob nicht der Bundesrat die Einführung der Anzeige-
pflicht für den Typhusverdacht für den gesamten Bezirk der gemein-
samen Typhusbekämpfung und für die Dauer derselben beschließen sollte.
S 5 des preußischen Gesetzes enthält eine ähnliche Ermächtigung
für das Staatsministerium, wie sie Abs. 2 von $ 5 des Reichsgesetzes
dem Bundesrat beilegt. Schon in den Bemerkungen zu $ 1 des
preußischen Gesetzes wurde darauf hingewiesen, daß in der Liste der
anzeigepflichtigen Krankheiten verschiedene fehlen, welche unter Um-
ständen von großer Bedeutung für die Bevölkerung werden können,
so daß die Einführung einer Anzeigepflicht für sie wünschenswert oder
notwendig werden kann. Um diese Lücke auszufüllen, bestimmt $ 5,
daß das Staatsministerium ermächtigt ist, die in den $S 1—4 des
preulischen Gesetzes enthaltenen Bestimmungen über die Anzeigepflicht
für einzelne Teile oder den ganzen Umfang der Monarchie auch auf
andere übertragbare Krankheiten vorübergehend auszudehnen, wenn
und solange dieselben in epidemischer Verbreitung auftreten.
Um stets ın der Lage zu sein, von dieser Ermächtigung recht-
zeitig Gebrauch machen zu können, muß das Staatsministerium über
das Auftreten derartiger Krankheiten regelmäßig unterrichtet sein.
Aus diesem Grunde legen die allgemeinen Ausführungsbestimmungen
zu $ 5 den Regierungspräsidenten die Verpflichtung auf, Vorsorge zu