Full text: Die gesetzlichen Grundlagen der Seuchenbekämpfung im Deutschen Reiche unter besonderer Berücksichtigung Preußens.

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desten wäre es wünschenswert gewesen, daß die Regierungspräsidenten 
wenigstens die Ermächtigung erhalten hätten, bei Gefahr im Ver- 
zuge die Anzeigepflicht einzuführen, wie es nach $ 8 Br.G. in Braun- 
schweig zulässig Ist. 
Man hat jedoch in Preußen Bedenken getragen, den Regierungs- 
präsidenten eine so weitgehende Befugnis zu übertragen. Die Er- 
fahrung hat ergeben, daß in der Tat die Zeit, welche von dem Ein- 
gange des Berichts des Regierungspräsidenten bis zur Veröffentlichung 
des Staatsministerialbeschlusses vergeht, sich außerordentlich abkürzen 
läßt. Dies wird noch weiter dadurch geschehen können, daß der 
Regierungspräsident seinen Bericht an den Minister der Medizinal- 
angelegenheiten bei Gefahr im Verzuge telegraphisch erstattet, und 
letzterer den Beschluß des Staatsministeriums dem Regierungspräsi- 
derten telegraphisch mitteilt. 
V, Erinnerung an die Anzeigepflicht. 
A. A. zu $4 Abs. 6, 7 P.G. Sobald in einer Ortschaft oder in einem Bezirk 
eine der in dem $ 1 genannten übertragbaren Krankheiten in epidemischer 
Verbreitung auftritt, wird es sich empfehlen, daß durch Öffentliche Bekannt- 
machungen die gesetzliche Anzeigepflicht für diese Krankheit in Erinnerung 
gebracht, und die Bevölkerung in geeigneter Weise über das Wesen, die 
Verhütung und Bekämpfung der Krankheit belehrt wird. Jedoch ist eine 
unnötige Beunruhigung der Bevölkerung tunlichst zu vermeiden. 
Es wird sich empfehlen, die Bekanntmachungen während der Dauer der 
Epidemie in angemessenen Zwischenräumen zu wiederholen. 
Bei der Seltenheit der „gemeingefährlichen“ Krankheiten ist die 
Bevölkerung mit der Pflicht, den Ausbrucli derselben zur Anzeige zu 
bringen, nicht immer bekannt. Bei der Schwere und bei der Neigung, 
sich schnell auszubreiten, welche diese Krankheiten besitzen, ist es 
aber wichtig, daß gerade die ersten Fälle zur Kenntnis der Behörde 
gelangen. Deshalb wird in den Anweisungen des Bundesrates für die: 
Bekämpfung der Cholera ($ 11 Abs. 1), des Fleckfiebers ($ 25), der 
Pest ($ 9 Abs. 1) und der Pocken ($ 23) den Polizeibehörden die 
Verpflichtung auferlegt, zu Zeiten drohender Krankheitsgefahr dafür 
zu sorgen, daß durch öffentliche Bekanntmachung die gesetzliche An- 
zeigepflicht in Erinnerung gebracht, und die Bevölkerung auch dar- 
über belehrt wird, was unter Verdachtsfällen zu verstehen ist. 
In letzterer Beziehung wird folgendes bemerkt: 
Oholera ($ 11 Abs. 1 Satz 2): „Auch haben sie eine Beleh- 
rung der Bevölkerung in dem Sinne eintreten zu lassen, daß als. 
choleraverdächtige Erkrankungen insbesondere heftige Brechdurchfälle 
aus unbekannter Ursache anzusehen sind. Geeignet erscheinenden 
Falls sind diese Bekanntmachungen während der Dauer der Cholera- 
gefahr zu wiederholen.“
	        
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