Full text: Die gesetzlichen Grundlagen der Seuchenbekämpfung im Deutschen Reiche unter besonderer Berücksichtigung Preußens.

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mit Ausnahme von Diphtherie, Körnerkrankheit, Lungen- und Kehl- 
kopftuberkulose und Scharlach — ausgedehnt worden. Durch diese 
Bestimmung erhält der beamtete Arzt das Recht nicht nur zur körper- 
lichen Untersuchung, sondern auch zur Entnahme von Material zur 
bakteriologischen Untersuchung. Bei den Krankheiten des Reichs- 
gesetzes — Aussatz, Cholera, Fleckfieber, Gelbfieber, Pest und Pocken 
— ist dies zulässig bei kranken, krankheits- und ansteckungsver- 
dächtigen Personen, bei den Krankheiten des preußischen Gesetzes ist 
es bei Genickstarre, Milzbrand und Ruhr nur bei Kranken, bei Rotz, 
Rückfallieber und Typhus bei kranken und krankheitsverdächtigen 
Personen zulässig. Bei Diphtherie, Körnerkrankheit und Tuberkulose 
dagegen kann die Entnahme von Untersuchungsmaterial nicht er- 
zwungen werden. 
Es wurde schon mehrfach betont, daß S 7 R.G. auf Diphtherie, 
Körnerkrankheit und Scharlach keine Anwendung findet. Daraus folgt, 
daß einem Arzte, welchen die Ortspolizeibehörde auf Grund von $ 6 
Abs. 4 P'’G. mit der Feststellung dieser Krankheiten beauftragt, der 
Zutritt zu dem Kranken nur mit Zustimmung des Haushaltungsvor- 
standes gestattet ist, und daß auch der beamtete Arzt in diesem Falle 
den Zutritt zu dem Kranken nicht erzwingen kann. 
S 7 Abs. 1 Satz 2 R.G. verleiht den Polizeibehörden das Recht, 
bei Cholera-, Gelbfieber- und Pestverdacht eine Öffnung 
der Leiche anzuordnen, „insoweit Jer beamtete Arzt dies zur Fest- 
stellung der Krankheit für erforderlich hält“. Durch $ 6 Abs. 3 P.G. 
wird diese Befugnis auch auf Typhus- und Rotzverdacht aus- 
gedehnt, jedoch wird in den allgemeinen Ausführungsbestimmungen zu 
$S 6 Zift. 3 bestimmt, daß die Anordnung der Leichenöffnung zum 
Zwecke der Feststellung der Krankheit nur dann stattfinden soll, 
„wenn die bakteriologische Untersuchung der Absonderungen und des 
Blutes (Agglutination) zur Feststellung nicht ausreicht oder nach Lage 
des Falles nicht ausführbar ist“. Diese Bestimmung ist vor allem des- 
wegen getroffen worden, weil die Leichenöffnung bei diesen Krank- 
heiten gefährlich ist. Jede Öffnung einer Cholera-, Pest- oder Rotz- 
leiche ist nicht nur für den Obduzenten, sondern auch für die sonst 
bei der Öffnung gegenwärtigen Personen mit erheblicher Ansteckungs- 
gefahr verbunden, zumal wenn sie in einem ungeeigneten Raume aus- 
geführt werden muß. Wenn es daher möglich ist, von der Leiche 
Material zur bakteriologischen Untersuchung zu entnehmen und aut 
Grund dieser Untersuchung ein zuverlässiges Urteil zu erlangen, so 
wird man von der Ausführung der Obduktion unbedenklich Abstand 
nehmen können. Außerdem kommt die Pietät gegen die Angehörigen 
in Betracht, welche erheischt, daß Obduktionen nur vorgenommen 
werden, wenn sie unbedingt notwendig sind. Die Begründung zu 
8 7 R.G. sagt hierzu: „Übrigens wird in allen Fällen dia Schonung
	        
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