Bismarck über den Rückversicherungsvertrag
mit Rußland.
Oktober 1896.
Die demokratisch-klerikale Hresse hatte dem Fürsten Bismarck
vorgeworfen, daß er nach Gortschakoffs Rücktritt (1882) ein gutes
deutsch-russisches Einvernehmen nicht zustande gebracht habe. In
den „Hamburger Nachrichten“ rechtfertigte Bismarck seine Dolitik
durch die Enthüllung des Dertrags mit Rußland.
Schon in Skierniewice, also sehr bald nach dem Thron—
wechsel und dem Kusscheiden Gortschakoffs, war das gute
Einvernehmen der deutschen und der russischen Dolitik her-
gestellt und blieb in dieser Derfassung bis 1890. Bis zu
diesem Termine waren beide Reiche im vollen Einverständnis
darüber, daß, wenn eins von ihnen angegriffen würde, das
andere wohlwollend neutral bleiben sollte, also wenn bei-
spielsweise Deutschland von Frankreich angefallen wäre, so
war die wohlwollende Neutralität Rußlands zu gewärtigen
und die Deutschlands, wenn Rußland unprovoziert ange-
griffen würde. Dieses Einverständnis ist nach dem Zus-
scheiden des Fürsten Bismarck nicht erneuert worden.
und zwar war es Graf laprivi, der die Fortsetzung dieser
gegenseitigen Assekuranz ablehnte, während Rußland dazu
bereit war .. . So entstand Kronstadt mit der Marseillaise
und die erste Annäherung zwischen dem absoluten Sarentum
und der französischen Republik, unserer Ansicht nach aus-
schließlich durch die Mißgriffe der Caprivischen Holitik her-
beigeführt. Dieselbe hat Rußland genötigt, die Rssekuranz,
die ein vorsichtiger Dolitiker in den großmächtlichen Bezie-
hungen Europas gern einnimmt, in Frankreich zu suchen.
Blum, Bismarck.
Das „europäische Konzert“ ohne Bismarck.
Während des Kretahandels schrieb die sonst dem Fürsten Bis-
marck feindselige Seitung: La tribune de Genève am 7. Kpril 1897:
Man fühlt immer mehr, daß an der Spitze Europas ein
tatkräftiger Mann fehlt, der fähig wäre, den zaudernden
Willen der zivilisierten Nationen um sich zu gruppieren, und
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