4. Die Staatseinrichtungen. 89
Auch dürfen dieselben, sofern sie nicht bloß geist-
liche Vorschriften enthalten oder bloß moralischen
oder dogmatischen Inhalts sind, ohne das von dem
Landesherrn ausdrücklich erteilte „Placet“ ** nicht
publiziert oder zur Anwendung gebracht werden.
Gegen Äußerungen der geistlichen Gewalt, insbesondere
wenn wegen übertretener Kirchengesetze Bußen ver-
hängt worden sind, findet ein Rekurs an den Landes-
herrn statt, der gegebenenfalls eine Untersuchung
darüber anordnet, ob die geistliche Behörde innerhalb
ihrer Amtsgrenzen den gesetzlichen Gang und die
kanonischen Vorschriften beobachtet hat. Das im
$ 8 des Gesetzes von 1823 enthalten gewesene Verbot
der Prozessionen außerhalb der Kirche und des
Kirchhofs sowie an Wallfahrtsorte ist durch Gesetz
von 1857 beseitigt worden. Die Verleihung der
Pfarrstellen und Pfründe geschieht mit landesherrlicher
Zustimmung durch den Bischof (Bischof und Ge-
neralvikariat in Fulda), sofern jedoch dem
Landesherrn ein Patronatsrecht zusteht, durch den
Landesherrn. Die Verleihung soll nur an Landes-
kinder geschehen, vorausgesetzt, daß die entsprechen-
den Vorbedingungen erfüllt sind. Die sämtlichen
katholischen Pfarreien des Großherzogtums bilden ein
Dekanat, welchem ein Geistlicher des Landes als
Dechant vorsteht (Sitz des Dekanats in
Geisa). Bei einer jeden Pfarr- und Filialkirche gibt
es ein Kirchenvorsteheramt, das sich aus dem
Pfarrer und zwei katholischen Gemeindemitgliedern
zusammensetzt. Dem Kirchenvorsteheramt liegt ob:
die Verwaltung des Kirchenvermögens, die Unter-
haltung der Gebäude, Geräte usw. sowie überhaupt
die Wahrnehmung der die Gemeinde betreffenden
Angelegenheiten. Der Dechant hat jährlich einmal
#6 Placet = Genehmigung.