10 II. Das Großherzogtum als Staat usw.
Strafen herabzumindern, umzuwandeln oder zu erlassen.
Indirekt kann das Recht überdies aus $ 37 Ziff. 1
und $ 62 Ziff. 6 des Gesetzes vom 5. März 1850
über die Neubesetzung der Staatsbehörden gefolgert
werden.
8 37 Ziffer 1 sagt: „Zu dem Geschäftsbereich des
Staatsministeriums in Justizsachen gehören alle Gnaden-
sachen — — — aus landesfürstlicher Machtvollkomenheit.“
Im 8 62 Ziffer 6 heißt es: „Der besonderen Genehmigung
bzw. Entschließung des Staatsoberhauptes bedürfen die
Gnadensachen ... .*
Ein Begnadigungsrecht im Falle einer Verurteilung
zum Tode ergibt sich ohne weiteres aus $ 485 der
Reichsstrafprozeßordnung, wo die Bestimmung ge-
troffen wird, daß die Vollstreckung von Todesurteilen
erst dann zulässig ist, wenn die Entschließung des
Staatsoberhauptes ergangen ist, es wolle von dem
Begnadigungsrechte keinen Gebrauch machen.
Ungelöst ist die Frage, ob dem Laandesherrn das so-
genannte Abolitions-(Niederschlagungs)recht zu-
steht, d. h. ob er außer dem erst nach Erlaß und
nach Rechtskraft eines Strafurteils auszuübenden
Begnadigungsrecht auch die Befugnis hat, be-
reits, bevor es zum Urteil gekommen ist, in die
Untersuchung einzugreifen und sie niederzuschlagen.
Die Weimarische Verfassung hat auch in diesem
Punkt keine bestimmten allgemeinen Normen auf-
gestellt. Nur in einem Falle wird ein Abolitions-
recht konstatiert, nämlich hinsichtlich der vor dem
Staatsgerichtshof10 zu verhandelnden Angelegenheiten.
Hier bedarf es aber eines mit Zustimmung des Land-
tags zu erlassenden Gesetzes. Man wird richtig
gehen, daraus, daß nur in einem Falle ein Aboli-
tionsrecht ausdrücklich festgestellt ist, zu schließen,
10 Siehe das später über den Staatsgerichtshof
Gesagte!