Full text: Sagenbuch des Erzgebirges.

  
dem damaligen Totengräber dieselbe Meldung gemacht worden sei, e 
aber demselben den Bescheid gegeben, die Hand wieder einzuscharren, 
weil sie wahrscheinlich an einer Wasserkluft gelegen und deshalb nicht 
habe verwesen können. Jetzt fand sich's, daß die Hand dem im Jahre 
1669 begrabenen Sohne des Stadtrichters von Buchholz, Andreas 
Müller, gehörte, der, weil er seine alte Mutter, die er bestohlen und 
die ihm den Diebstahl vorgeworfen, gemißhandelt und mit Ermordung 
bedroht, von dieser verflucht worden war. Dadurch war denn jene alte 
Sage bewiesen, daß dem, der sich an seinen Eltern vergeht, die Hand 
aus dem Grabe wächst. 
  
Auch Temme erzählt in den Sagen der Altmark (Nr. 56.) von einem unge— 
ratenen Sohne im Dorfe Groß-Redensleben, welcher seinen Vater schlug, als ihn 
derselbe wegen seines sündhaften Wandels ermahnte. Darauf ereilte den Sohn so- 
gleich die Strafe des Himmels; er stürzte tot nieder. Als man ihn aber begrub, 
wuchs seine eine Hand aus dem Grabe heraus und man mußte sie abhauen, da sie 
sich nicht mit vergraben ließ. Zur Erinnerung wurde sie in der Kirche aufgehangen 
und darüber an einer schwarzen Tafel folgendes geschrieben: 
Sieh, sieh Du böses Kind, 
Was man hier merklich find't, 
Eine Hand, die nicht verwest, 
Weil der, deß sie gewest, 
War ein ungeratenes Kind, 
Wie man auch jetzt noch find't. 
Den Vater schlug der Sohn, 
Drum hat er dies zum Lohn, 
Daß hier hängt seine Hand; 
Hüt' Dich für solche Schand'. 
  
462. Der Doppelgänger zu Wiesenthal. 
(Flader, Wiesenthalisches Ehrengedächtniß, 1719, S. 108. Darnach 
Gräße, Sagenschatz d. K. S., Nr. 500.) 
Im Jahre 1709 ist ein kurfürstlicher Geleitseinnehmer, mit Na- 
men A. L., in gewissen Angelegenheiten verreist; da er nun wenigstens 
zwanzig Meilen entfernt ist, so sieht sein damaliges Hausmädchen, da 
sie am Abend gegen 5 Uhr von ihrer Frau in ihre Schlafkammer ge- 
schickt wird, ihn von ohngefähr in seinem Bette liegen und meint, er 
sei ohne ihr Wissen nach Hause zurückgekehrt. Sie fragte also die 
Frau: „Ist der Herr nach Hause gekommen?“ Diese antwortet aber: 
„Du wirst ihn ja sehen.“ Daher hat sie sich weiter nicht darum ge- 
kümmert. Nachdem nun die Frau selbst des Nachts gegen 12 Uhr 
schlafen geht, erblickt diese ihn ebenfalls in ihrem Bette, da er 5) 
  
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