Nach der Behauptung des Senatsberichts befand sich
Deutschland um die Jahrhundertwende, also ein halbes
Jahr nachdem diese Aufzeichnungen niedergeschrieben und
zur Richtschnur der deutschen Politik gemacht wurden,
im unbestrittenen Besitz der Hegemonie in Europa. Wer
die Vorherrschaft in der Welt besitzt, kann aber nun
und nimmermehr solche Polikik kreiben, wie sie hier vor-
geschlagen wird. Denn diese Politik bedeukeke doch den
Verzichk auf jeden Einfluß in einer Frage, die Deutsch-
lands Inkeressen wegen der in Transvaal angelegken
großen deutschen Kapikalien und der vielen dork ange-
siedelken Deutschen und der Zukunfksaussichken des Anglo-
abkommens auf das engste berührke. Und solcher Ver-
zicht ist unvereinbar mik dem Bewußtsein der Vorherr-
W
Es steht nicht im Widerspruch zu den in Holsteins Auf-
zeichnungen festgelegten Richtlinien, wenn der inzwischen
durch den Grafentitel ausgezeichnete Herr v. Bülow acht
Tage nach dem Ausbruch des Burenkrieges am 18. Ok-
tober 1899 den französischen Botschafter Marquis de
Noailles besuchte, um ihm mitzuteilen, daß die französi-
schen und die deutschen Interessen in der Welt identisch
seien, und in Bezug auf Afrika sagte: „Sie sehen, daß
unsere Interessen dort ganz die gleichen sind. Abgesehen
vom kleinen Dreieck, von dem ich, wie Sie wissen, nicht
sprechen kann, gibt es keinen Punkt, über den wir uns
nichk verständigen könnken.“1 Denn eine Verständigung
mit Frankreich über afrikanische Fragen war doch in die-
1) Über diesen Besuch enchalten die Akten des Auswärtigen Amtes
nichts, und schon daraus gehe hervor, daß ihm Graf Bülow keine große
Bedeutung beimaß. Wir erfahren von ihm durch den Senaksbericht, in
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